Mit Algen die Luft von Feinstaub befreien
Das Marzahner Unternehmen Solaga will ein längeres und gesünderes Leben ermöglichen
In großen Glasbehältern blubbern grüne Flüssigkeiten. Daneben sitzt Produktionsleiter Adriano Sanna an einem Schreibtisch. Er trägt einen weißen Kittel und blaue Plastikhandschuhe, untersucht eine Probe durch das Mikroskop und macht sich Notizen. In einem 250 Quadratmeter großen Gewerberaum im econopark Wolfener Straße züchtet das Unternehmen Solaga Algen.
Anfang dieses Jahres ist die Firma aus dem Technologie- und Wissenschaftspark Adlershof nach Marzahn gezogen. Gründe dafür waren die größeren und günstigeren Räume sowie die gute Infrastruktur mit der Anbindung an die S-Bahn. Das Biotech-Unternehmen säubert die Luft von gesundheitsschädlichen Schadstoffen. Solaga ist nach eigenen Angaben das weltweit erste Unternehmen, dem es gelungen ist, Biofilme aus lebendigen Mikroalgen zu entwickeln und diese als Luftfiltermedium einzusetzen. Dabei nutzt es die besonderen Eigenschaften der Mikroalgen. Diese sind in der Lage, Luftschadstoffe wie Feinstaub, Stickoxide und weitere gesundheitsschädliche Chemikalien als Nährmedium für ihr Wachstum zu nutzen.
Gegründet wurde Solaga 2017 von Benjamin Herzog und Johann Bauerfeind. Herzog ist 40 Jahre alt, stammt aus Pankow und studierte Biologie an der HU Berlin. Bauerfeind ist 32 Jahre alt, wohnt in Prenzlauer Berg und studierte Biotechnologie an der HTW Berlin. Sie lernten sich aber erst an der TU Berlin kennen. Herzog hatte bereits während seines Studiums mit Algen zu tun, schrieb darüber seine Abschlussarbeit. Gemeinsam erforschten sie zunächst, wie man aus Algen Energie erzeugen kann. Damit war der Anfang für das heutige Unternehmen gelegt. Mittlerweile jedoch steht nicht mehr die Erzeugung von Biogas im Mittelpunkt sondern die Herstellung biologischer Luftfilter. Dafür werden sowohl Grün- als auch Blaualgen genutzt.
Benjamin Herzog ist sich sicher, dass Menschen in Großstädten wie Berlin bei saubererer Luft fünf bis zehn Jahre länger leben könnten. Doch Feinstaub, der unter anderem durch Emissionen aus Autos und Heizkraftwerken entsteht, dringe tief in die Lunge ein. Sie seien „unsichtbare Killer“. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur starben allein 2020 schätzungsweise 240 000 Menschen in Europa an der hohen Feinstaubbelastung. „Das ist vielen nicht bewusst“, sagt der Geschäftsführer. Die Mission von Solaga sei es, ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen.
Drei Produkte hat das Unternehmen bisher auf den Markt gebracht. Seit 2020 verkauft Solaga Algenbilder unter dem Namen „Alwe“, ein 50-mal-50 Zentimeter großes, luftreinigendes Wanddekor mit einem Wassertank auf der Rückseite, der alle zwei bis drei Wochen aufgefüllt werden muss. 2021 folgte „Alwe Dry“, ein Algentrockenbild. Dabei handelt es sich quasi um das Abfallprodukt von „Alwe“, da die Algen nicht ewig halten und spätestens nach sechs bis zehn Monaten ausgetauscht werden müssen. Im getrockneten Zustand können sie jedoch immer noch eingerahmt als Wand-Dekoration dienen.
Seit Mitte 2022 zählt nun auch „Alwa“, die Algenwand, zum Sortiment. Diese Kombination aus biologischem Luftreiniger und der ästhetischen Optik einer Wasserwand ist aufgrund ihrer Größe vor allem für die Empfangsbereiche von Unternehmen gedacht.
Johann Bauerfeind hat selbst ein Algenbild bei sich zu Hause. Da er an der vielbefahrenen Prenzlauer Allee wohnt, gelangen beim Lüften Schadstoffe in seine Wohnung. Mit einem Luftsensor überprüft er die Werte. Auch deshalb, weil bereits bei mittleren CO2-Konzentrationen in der Luft die Fähigkeit zum strategischen Denken eingeschränkt ist. Mit dem Algenbild als Luftreiniger steuert er gegen. Ein einziges könne die Luft in einem Raum von bis zu 20 Quadratmetern sauber halten. Das habe eine Auswertung des Fraunhofer-Instituts ergeben.
Um die Algen nutzen zu können, werden diese über Wochen in einem Photobioreaktor gezüchtet. Nach der Ernte wachsen die Algen in einer Sterilbank an und bilden nach einigen Wochen eine Schutzschicht. Anschließend können sie für die Algenbilder und Algenwände eingesetzt werden.
Perspektivisch wollen die beiden Gründer und Geschäftsführer unter anderem Hausfassaden mit Algen begrünen und Bioreaktoren an stark schadstoffbelasteten Straßenkreuzungen und in Häuserschluchten installieren. Mit dem Bezirksamt von Marzahn-Hellersdorf sind sie bereits in Gesprächen für einen Testlauf am Helene-Weigel-Platz.
Weitere Informationen zu Solaga gibt es im Internet auf www.solaga.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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