Tolle Sonntagslesung mit Andreas Ulrich
Torstraße 94 - Berliner Orte
Können Sie sich noch gut an die Menschen erinnern, mit denen sie irgendwo in einem Haus gewohnt haben?
Ich hätte da nach einigen Umzügen Probleme, aber Andreas Ulrich, der bekannte Journalist, Sportreporter, Moderator und Buchautor ganz offensichtlich nicht, denn er hat aus seinen Erinnerungen und entsprechenden Recherchen eine originelle Serie gemacht. Bereits vor einem Jahr bereitete er den Zuhörenden im Nachbarschaftshaus im Ostseeviertel viel Freude mit seinen Geschichten über „Die Kinder der Fischerinsel“ und auch an diesem 19.November waren trotz Regen und Wind sehr viele Interessierte zur Sonntagslesung gekommen, um neue Abenteuer zu hören. Diesmal nahm uns der Autor mit in die Straße, in der er als Kind lebte, die Torstraße 94 oder vielen noch besser bekannt als Wilhelm-Pieckstraße. Es hat mich doch sehr beruhigt, dass Andreas Ulrich auch kein Elefantengedächtnis hat, sondern für sein Buch sehr viel Hilfe von jetzigen und früheren Bewohnern der Torstraße hatte, die sich für unterschiedliche Mieter oft mehr als für andere interessierten oder sogar, wie die häufig erwähnte Frau Morgenstern noch Hausbücher mit Mieterverzeichnis hatten. Dem Datenschutz mag das verpönt sein, dennoch brachte es wunderbare Erinnerungen zutage, wie die an den homosexuellen Operettensänger, der vom Saarland in die damalige DDR zog, um dort Karriere zu machen und in der Torstraße die glücklichste Zeit seines Lebens verbrachte, an die jüdische Familie, die dort zum Glück unerkannt überlebte und dann nach Israel auswanderte, an eine Bewohnerin, deren Tochter in Australien sogar ein Top Model geworden sein soll oder an Walter Pannewitz, den berüchtigten Geldschrankknacker der 50-ger Jahre, der in der Torstraße Unterschlupf suchte und später doch in Westberlin geschnappt wurde. Eine der Erzählungen über eine damals junge Frau, die mit einem dunkelhäutigen Mann im Seitenflügel wohnte, erhielt einen besonders aktuellen Bezug, als sie sich aus dem Publikum meldete und offenkundig sehr großen Spaß an dieser Lesung hatte, wie alle anderen Gäste an diesem Sonntag auch.
Autor:Elfi Sinn aus Neu-Hohenschönhausen |
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