Verbeugung vor der „Schlange“: Bezirk empfiehlt Denkmalschutz

Kreativer Umgang mit Platznot: Die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße umhüllt eine Straße mit über 1000 Wohnungen. | Foto: Thomas Schubert
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Wilmersdorf. Er ist eine Wohnmaschine sondergleichen: 600 Metern lang, 14 Geschosse hoch, Heimat von 4000 Menschen. Und im Inneren rauscht der Verkehr über eine Autobahn auf Stelzen. Nun soll der Wohnkomplex an der Schlangenbader Straße Schutz genießen – einschließlich der lahmgelegten Müllanlage.

Ein Denkmal zum Durchfahren – wo gibt es das sonst auf der Welt? Am Rande des Rheingau-Viertels steht ein Bauwerk, das staunen lässt. Über seine Ausmaße, aber mehr noch über seine Konzeption. Und im Gegensatz zu anderen Zweckbauten dieser Epoche kann die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße, gerne mit dem Spitznamen „Schlange“ belegt, auch 35 Jahre nach der Fertigstellung noch begeistern. Nicht nur in Architektenkreisen.

Auf Empfehlung der Denkmalbeiratsvorsitzenden Christiane Timper wollen Bezirkspolitiker dem wohl ungewöhnlichsten Mietshaus der Gesellschaft Degewo Anerkennung verschaffen: Die „Schlange“ soll auf Beschluss der BVV zum Denkmal werden.

„Es handelt sich weltweit um die einzige Wohnüberbauung einer Autobahn“, begründet Timper die Besonderheit dieses Werks der Architekten Georg Heinrichs, Gerhard Krebs und Klaus Krebs. „Damals war sehr ungewöhnlich, Wohnen und Verkehr zu verbinden und dabei die Schwingungen aufwendig zu tilgen.“ Stadtplanungsamtsleiter Rainer Latour fasst sich kurz und nennt den 14-Geschosser schlichtweg „ein Meisterwerk“.

Nach dem Ärger über die Stilllegung der hauseigenen Müllabsauganlage will die CDU-Fraktion allerdings sicherstellen, dass die neuen Müllsammelplätze im Hof des Areals barrierefrei zugänglich werden. Bislang sei dies nicht der Fall. „Gerade bei Eis und Schnee im Winter ist dieser Zustand nicht tragbar“, heißt es als Begründung.

Dass eine Wohnburg wie die „Schlange“ aus heutiger Sicht utopisch scheint, hebt Stephan Strauss, Vizepräsident der Architektenkammer Berlin, in seinem Brief an Senatsbaudirektorin Regula Lüscher als wichtigen Faktor hervor. „Materielle Basis dieser visionären Bauaufgabe war die West-Berlin-Förderung. Diese war Teil der Bemühungen, in West-Berlin exemplarische Innovation, Modernität und Erfolg der Gesellschaft zu zeigen“, schreibt Strauss. „Vertikale Wohnprojekte“ wie diese seien „gebaute Utopien mit Licht und Luft für alle Wohnungen“.

Auch die Müllabsauganlage, die den Unrat über ein Kanalsystem in den entfernten Sammelraum zog, soll nach Auffassung der Architektenkammer Schutz genießen. Die Degewo hat sie trotz Mieterprotesten außer Betrieb genommen, weil ihr die Sanierung zu teuer und das Konzept veraltet erschien. Wenn das Landesdenkmalamt zustimmt, besteht sie wenigstens als Teil eines kolossalen Denkmals fort. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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