Sabine Kahl ist neue Besitzerin der Schmargendorfer Buchhandlung
Schmargendorf. Über 20 Jahre lang führte Margret Starick die Buchhandlung in der Breiten Straße. Aus Altersgründen hat sie sich diesen Sommer zur Ruhe gesetzt. Gibt es jemanden, der sich in Zeiten von Amazon & Co. noch traut, eine Buchhandlung zu übernehmen? Die gibt es: Sabine Kahl. Ein Antrittsbesuch.
Die Liebe zu gedruckten, echten, haptischen Büchern kommt bei Sabine Kahl nicht von ungefähr: Als sie klein war, hat ihr Vater ihr und ihren beiden Geschwistern ein Konto in der ortsansässigen Buchhandlung eröffnet. „Wie selbstverständlich sind wir in dieser Buchhandlung ein- und ausgegangen“, erzählt die 57-Jährige. Das führte dazu, dass sie Ende der 70er-Jahre in eben jener Buchhandlung eine Lehre zur Buchhändlerin begonnen hat. Das war technisch natürlich noch ein ganz anderes Zeitalter: „Wir hatten keine Computer“, erinnert sich Kahl. „Das Fortschrittlichste war eine IBM-Kugelschreibmaschine mit Korrekturtaste.“ Das hatte aber durchaus auch Vorteile: „Früher wussten wir genau, wo welches Buch im Laden steht, ohne irgendwo nachgucken zu müssen.“
Eine Portion Mut
Dennoch – Computer, Scanner & Co. haben auch in Schmargendorf Einzug gehalten in die Buchhandlung, die Sabine Kahl nach der Übernahme im Sommer erst einmal renoviert hat. Fühlt sie sich mutig mit ihrer Entscheidung, eine Buchhandlung zu übernehmen? „Überhaupt sich in diesen Zeiten selbstständig zu machen, erfordert eine Portion Überlegung und vielleicht Mut“, sagt sie. „Aber ich halte mich nicht für mutig, dass ich mich mit Büchern selbstständig gemacht habe.“ Sie sei überzeugt davon, dass das analoge Produkt neben dem Digitalen bestehen kann. „Beides hat seine Vor- und Nachteile; wir verkaufen bei uns auch die E-Book-Reader, denn ich kann gut verstehen, dass man in den Urlaub nicht 20 Kilo Bücher mitschleppen möchte.“
Überhaupt, der Untergang wurde der Buchbranche schon öfter prophezeit, weiß Kahl: „In den 20er-Jahren war es das Taschenbuch, in den 80ern das Hörbuch und heute die Technik; immer hieß es: O weh, das Buch wird untergehen!“ Zugute kommen Sabine Kahl ihre jahrzehntelangen Erfahrungen in der Verlagsbranche. Bei den ganz Großen hat sie schon gearbeitet, unter anderem im Vertrieb von Suhrkamp, Ullstein, Heyne sowie Hoffmann und Campe. „Ich weiß nicht, wie viele tausend Bücher ich auf dem Weg in den Markt bewegen und begleiten durfte – oder auch in die Verschredderung.“
Fürs Lesen begeistern
Ihr Schmargendorfer Publikum bezeichnet sie als „anspruchsvolles und leseaffines Klientel“. Schon bei ihrer ersten Housewarming-Party im September habe sich gezeigt, wie gut ihre Kunden die umgestalteten Räumlichkeiten angenommen haben. Neben Büchern gibt es bei ihr jetzt auch hochwertige Papeterie und anderes. Außerdem geht Kahl mit Büchertischen in die Seniorenheime der Umgebung und bringt die Bücher zu jenen Menschen, die es nicht mehr in ihren Laden schaffen. Alle 14 Tage versucht sie, Lesungen zu veranstalten. Die nächste Gelegenheit, eine Lesung in der Schmargendorfer Buchhandlung in der Breiten Straße 35 zu verfolgen, wird am 27. Januar um 20 Uhr sein, wenn das Autorenpaar Sue und Wilfried Schwerin von Krosigk zu Gast ist. Der Eintritt beträgt 10 Euro.
Was, wenn sich die Buchhändlerin ein Buch zu Weihnachten wünschen dürfte? Sie muss nicht lange überlegen: „Dann wäre das dieses Jahr von Peter Prange 'Unsere wunderbaren Jahre', ein Familienroman, der rund um die Einführung des Euro spielt. Und natürlich etwas vom Hundetisch.“ Das ist nämlich das Besondere an der neuen Raumteilung von Kahl: Es gibt einen ganzen Tisch nur für Bücher rund um den Hund. Neben ihr als Geschäftsführerin ist auch die zweijährige Hundedame Pauline eingezogen. Der Zwergdackel ist meist unter dem Flügel in der Buchhandlung anzutreffen. chm
Autor:Christian Mayer aus Charlottenburg |
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