Neue Eisspeedway Union will Berliner Talente fördern
Wenn Daniil Ivanov am Gasgriff dreht, sieht die Konkurrenz meist nur noch Splitter fliegen. Horst-Dohm-Eisstadion, ein Wochenende im März, ein Eisspeedway-Lauf außerhalb des WM-Kalenders. Zorniges Motorengebrüll hallt in Schmargendorfs stillen Straßen. Ivanov reitet seine Maschine durchs Oval, als führe sie auf unsichtbaren Gleisen. Die Knieschoner schaben auf blankem Eis, entlang der Geraden schießt das Renngerät des Spitzenreiters zwischen zwei Wimpernschlägen auf 100 km/h. Um dann brutal heruntergebremst wieder in die Horizontale zu kippen, festgefressen im Grund mit langen, stählernen Spikes. Wie Schallplattenrillen ziehen sich Spuren durch die Kehren. Je tiefer die Kerben, desto huckeliger der Ritt. Dabei drückt die Fliehkraft Piloten hinaus an die gepolsterte Bande. Und manchmal auch hinein.
Umgebaute Cross-Motorräder im Eisstadion kreiseln zu sehen, das ist ein Anblick, so irreal, als würden Flugzeuge auf einem Autobahnzubringer starten.
Dies ist sie, die Faszination Eisspeedway-Rennen. Russische Draufgänger jagen voran, deutschsprachige Talente halten nur mühsam Schritt. Das ist das übliche Bild. Zeit für eine neue Form der Förderung, dachte man sich beim Deutschen Motorsport Verband, Ortsgruppe Berlin, und übergab die Organisation des Winterspektakels an eine separate Gruppierung. Die neue Eisspeedway Union Berlin hat ihren Sitz direkt am Stadion, rekrutierte zu zwei Dritteln bekannte Gesichter des DMV und will mit 18 Mitgliedern künftig doch einiges anders machen.
"Es gibt genug Motorsportverrückte in Berlin. Aber man muss sich mehr um sie kümmern", sagt der Vorsitzende Frank Steinmetz, der den Staffelstab vom 80-jährigen Jochen Lindner erhielt.
"In vier Jahren sind wir ja nicht jünger geworden", sagt der Veteran zum Abschied. Eine Verjüngung, ein Aufbau von Talenten - das ist eines der beiden Ziele der Union. Das andere: einen echten WM-Lauf organisieren, hier in Wilmersdorf. Bisher startete die Weltelite nur aus Spaß. "Den Verband haben wir schon auf unserer Seite", gibt sich Steinmetz optimistisch. Außerdem konnte er kürzlich die ersten Neugierigen aufs Glatteis führen. Allerdings zunächst mit Schlittschuhen statt Spikes. Ganz ohne Motoren.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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