Streifzug durch die Geschichte: Christian Hopfes neuer Bildband

Ein wahrer Schatz: Christian Hopfe zeigt ein Prüfungszeugnis der Friseurinnung aus dem Jahr 1897. | Foto: Matthias Vogel
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Es ist ein Buch, das waschechte Wilmersdorfer wie Zugereiste in Verzückung bringt. Autor Christian Hopfe hat seinen neuen Bildband „Berlin-Wilmersdorf – Handel, Handwerk und Gewerbe in Bildern von 1900 bis 1965“ vorgestellt.

Christian Hopfe, 52, ist im Bezirk geboren, aufgewachsen und hat dort studiert. „Politikwissenschaft und Geschichte, da liegt das Interesse an der Historie meiner Heimat doch nahe“, beschreibt er seine Antriebsfeder. Angetan hat es ihm besonders der Wandel der Handwerksbetriebe und Einzelhandelsgeschäfte im Verlauf der Jahrzehnte. Also hat er sich noch einmal auf die Socken gemacht, ist Straße für Straße abgelaufen, ist in die Geschäfte und Werkstätten gegangen, hat mit Zeitzeugen oder deren Nachkommen gesprochen und mit deren freundlichem Zutun fleißig Bilddokumente gesammelt. Noch einmal? Ja! Hopfe ist Wiederholungstäter. Erst kürzlich hat er sein vor zwölf Jahren erstelltes Erstlingswerk „Berlin-Charlottenburg“ in überarbeiteter Version herausgegeben.

Preziosen ans Tageslicht

Nun also hat er Wilmersdorf unter die Lupe genommen und bei seinen Recherchen wahre Preziosen ans Tageslicht befördert. Das Prüfungszeugnis des Friseurs Hermann Wrampe – Gründer des heutigen Salons Schwarck & Freese in der Fechnerstraße – aus dem Jahr 1897 etwa, oder eine im Druck sehr hochwertige Preisliste der Weingroßhandlung und Likörfabrik Werner Hörnicke von 1939/1940. „Es war erstaunlich und berührend, wie wohlwollend mir die Inhaber entgegengekommen sind“, freut sich Hopfe. „Bei der Spedition Hertling bin ich fast väterlich behandelt worden und durfte durch das Archiv spazieren.“ Solche Erfahrungen seien ihm fast mehr wert als der Gewinn, den er mit seinem Buch mache. Eine andere Erkenntnis seiner Arbeit macht den Autor eher traurig: "Im Zuge des Umbaus zu einer autogerechten Stadt sind viele Sozialräume des Bezirks verlorengegangen. Als neuen Sozialraum haben die Menschen die Einkaufszentren entdeckt. Das und die hohen Gewerbemieten setzt den kleinen Betrieben bis heute mächtig zu."

Rasanter Wandel

Durch die Einleitung – Hopfe dankte dem Sutton Verlag ausdrücklich für den zusätzlichen Platz – und die informativen Bildunterschriften wird der Leser buchstäblich in die Zeit der Dokumente zurückversetzt und bekommt einen Eindruck von dem rasanten Wandel, den Wilmersdorf vor und nach der Wende ins 20. Jahrhundert erfuhr und – dem Autor wichtig – vom damaligen Alltag. Der besondere Clou des Bildbandes ist aber ein anderer. Hopfe hat ihn in vier „Spaziergänge“ aufgeteilt. Wer also möchte, kann mit dem Buch in der Hand den Weg nachgehen und zwischen damals und heute vergleichen – etwa von der Wilhelmsaue zum Fehrbelliner Platz, rund um den Bundesplatz und die Bundesallee oder entlang des Kurfürstendamms bis Grunewald. Wie sah die Shell-Tankstelle am Hohenzollerndamm 41 im Jahre 1964 aus? Was ist aus dem hippen Dachrestaurant auf dem „Haus der Konfektion“ – heute noch Flüchtlingsunterkunft – geworden? Und kaum vorstellbar: Gab es wirklich reine Butter-Geschäfte? Hopfes Buch macht Spaß, weil es überrascht und sich mit den 150 bislang unveröffentlichten Bilddokumenten richtig "arbeiten" lässt.

Dass er sein Werk beim Schreibwarengeschäft „Utermarck Schreibkultur“ in der Schmargendorfer Breite Straße präsentierte, ist alles andere als Zufall. „War mir ein echtes Anliegen“, sagt er. „Hier habe ich die Bücher für mein Studium gekauft.“ Das Geschäft feiert zudem in zwei Jahren sein 100-jähriges Bestehen und wird in „Berlin-Wilmersdorf“ entsprechend gewürdigt.

Übrigens: Der nächste Bezirk kann sich schon über die Beleuchtung der Vergangenheit seines Handels freuen: Der Diplom-Politologe ist heute in Kreuzberg wohnhaft. „Das wird mein nächstes Werk“, verspricht er.

Christian Hopfe: „Berlin-Wilmersdorf – Handel, Handwerk und Gewerbe in Bildern von 1900 bis 1965“, 20 Euro, ISBN 978-3-95400-845-2.
Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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