Schluss nach über 100 Jahren
Traditionsreiches Geschäft "Utermarck Schreibkultur" schließt im März
Seit über 100 Jahren hat die Buch- und Schreibwarenhandlung Utermarck Schreibkultur Generationen von Schmargendorfern mit Schulheften, Stiften und Büchern ausgestattet. Jetzt soll Schluss sein: Ende März gibt die traditionsreiche Buchhandlung auf und schließt das Geschäft in der Breiten Straße.
Mit Corona hätte die Schließung „fast“ nichts zu tun, sagt Martin Herrmann, der das familiengeführte Geschäft vor acht Jahren übernommen hatte. Es sei eine Baustelle gewesen, die in den Jahren 2017 und 2018 für einen erheblichen Kundenrückgang führte. Das Nachbarhaus wurde abgerissen und neu gebaut. Durch Baustellen-Container auf dem Fußweg war die Buchhandlung gewissermaßen unsichtbar. „Wir waren zwei Jahre lang nicht existent. Der Umsatz ist stark eingebrochen. Davon haben wir uns nicht wieder erholt“, bedauert Herrmann.
Mit dem Kauf des Geschäfts hat er sich einen Traum erfüllt
Martin Herrmann kommt eigentlich aus der IT-Branche und ist somit ein Quereinsteiger im Buchhandel. Mit dem Kauf des Geschäfts hat er sich einen Traum erfüllt. „Ich war schon immer ein Bücherwurm und mag schöne Schreibgeräte und Papier.“ Die Kombination Papeterie und Bücher findet er sehr reizvoll. Dass er jetzt die Buchhandlung schließen muss, erfüllt ihn mit Wehmut.
Mit dem Laden schließt auch eine Institution im Schmargendorfer Kiez. 1919 gründete Johannes Heinrich Karl Utermarck seinen Schreibwarenladen in Lankwitz. In die Breite Straße 24 zogen seine Nachkommen erst in den 1930er-Jahren. In den 60er-Jahren erweiterte Eleonore Utermarck das Sortiment um Bücher und trat dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels bei. Damit ist das Geschäft die älteste Buchhandlung in Schmargendorf.
Viele der Kunden kommen seit Jahrzehnten
Viele der Kunden kommen seit Jahrzehnten zu "Utermarck Schreibkultur". „Sie haben hier ihr erstes Schulheft gekauft – das war von 60, 70 Jahren“, sagt Herrmann. Heute kommen die Kunden, um ein besonderes Geschenk zu finden. In den letzten Jahren hätte sich das Geschäft zu einem Geschenkeladen entwickelt, so Herrmann. Ob es das besondere Papier ist, der edle Füllfederhalter, Miniaturinstrumente für Musikliebhaber, hochwertiges Kinderspielzeug oder eben Bücher – hier wird jeder fündig, der etwas Schönes sucht.
Ab Anfang März plant Herrmann einen Ausverkauf. Wann genau, wird rechtzeitig bekannt gegeben. Ein richtiges Abschiedsfest muss wegen Corona leider ausfallen. „Wir hätten gern einen großen Abschied gefeiert und wie schon zum 100. Geburtstag die treuesten Kunden eingeladen“, sagt Martin Herrmann, der sich jetzt auf sein „zweites Standbein“ konzentriert. Seit 2018 hat er ein Fachgeschäft für Schulranzen im Europa-Center. Der Laden musste zwar wegen des Lockdowns geschlossen bleiben, aber Herrmann ist sehr zuversichtlich, dass das Geschäft gut laufen wird.
Renner in der Pandemie:
„Die Pest“ von Albert Camus
Glücklicherweise waren die Buchhandlungen in Berlin nicht vom Corona-Lockdown betroffen. Bemerkbar machte sich die Pandemie aber auch hier – und das nicht nur wegen der strengen Hygiene- und Abstandsmaßnahmen. Das Kaufverhalten hätte sich durch die neue Situation, Ängste, Homeschooling und Homeoffice komplett verändert: „Wir haben noch nie so viel Druckerpapier verkauft und auch bei Spielen, Puzzles und Bastelzeug gibt es eine deutlich höhere Nachfrage. Dafür war das Interesse an Reiseführern extrem gering.“ Und am Anfang der Pandemie war der Roman „Die Pest“ von Albert Camus ausverkauft.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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