Bürger informierten sich zum Zukunfts-Campus und zur Siemensbahn
„Nicht an der Nachbarschaft vorbei planen“
Wie geht es weiter mit dem 600 Millionen Euro schweren Investitionsprojekt „Innovations-Campus Siemensstadt 2.0“? Dafür soll auch die alte Siemensbahn reaktiviert werden. Wie weit sind die Planungen? Antworten auf diese Fragen gaben Verantwortliche jetzt bei einem Bürgergespräch.
Zu diesem Gespräch hatte Daniel Buchholz eingeladen, der für die SPD als Berliner Abgeordneter im Stadtentwicklungs- und im Verkehrsausschuss sitzt. Denn zu dem neuen Innovationscampus von Siemens gibt es enormen Redebedarf. Es ist ein gewaltiges, prestigeträchtiges Vorhaben, in das der Siemens-Konzern 600 Millionen Euro investieren will. Entstehen soll ein Campus für Innovation mit Leuchtturmcharakter. Obwohl die Planungen noch ganz am Anfang stehen, gibt es bereits Unternehmen aus der ganzen Welt, die sich für den Standort interessieren.
Zentrale Sorgen:
Mieten und Verkehr
Bei allem Stolz und aller Freude darüber, dass das Projekt jetzt in Berlin und nicht etwa in Singapur realisiert wird – hat es doch auch Auswirkungen auf die Bewohner der Siemensstadt, womit sich die Berliner Politiker zunehmend beschäftigen. Daniel Buchholz hört immer wieder zwei zentrale Fragen von besorgten Bürgern: Wie wird sich der Kiez im Zuge des Mammutprojektes verändern – kann man sich dann auch zukünftig noch die Miete leisten? Und wie werden die Verantwortlichen dafür sorgen, dass die Gegend nicht im Verkehr erstickt? Denn die Situation ist schon jetzt zu Berufsverkehrszeiten in der Siemensstadt angespannt.
Zum Bürgergespräch kamen rund 50 Interessierte in die Nonnendammallee 80, darunter zahlreiche Bewohner aus den angrenzenden Wohngebieten. „Vielen Anwohnerinnen und Anwohnern aus der Siemensstadt und Haselhorst ist wichtig, dass ihre Interessen in die Planungen einbezogen werden und nicht an der Nachbarschaft vorbeigeplant wird“, so Daniel Buchholz. Antworten gaben an diesem Abend nicht nur der SPD-Abgeordnete Buchholz, sondern auch die zuständige Siemens-Projektleiterin für den Innovations-Campus Karina Rigby, Siemens-Pressesprecher Yashar Azad und Jochen Lang aus der Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters.
Rund 1000 Sozialwohnungen
sollen kommen
Um die alten Gebäude herum auf dem 70 Hektar großen Gelände, wo der Campus zwischen Rohrdamm und Paulsternstraße entsteht, ist noch viel Freiraum. Dafür werde spätestens im Juli von der Siemens AG in Abstimmung mit dem Senat der städtebauliche Wettbewerb gestartet, informierten die Experten. Buchholz spricht von einer Art Generalplan, mit dem festgezurrt werde, was überhaupt auf dem Gelände wohin soll und kann, was zusammen passe, wie viel Fläche und welche Baugrößen es für die einzelnen Bauvorhaben brauche. Auf dem Gelände soll nicht nur geforscht, Innovationen geschmiedet und gearbeitet werden – es sind auch 3000 Wohnungen geplant, ein Drittel davon Sozialwohnungen.
Zur alten Siemensbahn: Michael Müller habe bereits mit dem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) persönlich über die Reaktivierung gesprochen. Der Senat sei sehr bemüht, die Öffnung voranzutreiben, sei dafür auch gleichzeitig in der Haftung. Es gab schon mehrere Sitzungen auf der Senats- und Bundesebene zur Wiederaufnahme des Betriebes. Der Senat hat im sogenannten Nahverkehrsplan Berlin, der vor einigen Wochen erst beschlossen wurde, das ambitionierte Ziel gesetzt bis 2025 die rund 40 Jahre stillgelegte S-Bahn wieder aufzubauen, aus deren Trasse aktuell sogar Bäume wachsen. „Das wird aber extrem anspruchsvoll, das sagen auch alle Experten“, kommentiert Buchholz. Andere fordern 2030, was aber eindeutig zu spät sei.
Verlängerung der Siemensbahn
habe keine Priorität
Erste Vorabuntersuchungen der alte Trasse von Bahntechnikern und Ingenieuren, ob die alte Anlage wieder genutzt werden könnte, seien laut Buchholz gar nicht schlecht gewesen: „Es ist nicht so, dass wir jetzt erst mal die alte Trasse wegreißen müssen – das lässt uns hoffen.“ Es gäbe aber noch einen großen Pferdefuß: Als die Schleuse Charlottenburg vor einigen Jahren ausgebaut wurde, ist die alte S-Bahntrassen-Brücke entfernt worden. „Die muss also komplett neu gebaut und auch neu geplant werden, weil die Schleuse heute eine andere Form hat“, so der SPD-Abgeordnete. Zum Neuaufbau einer S-Bahnbrücke an der Stelle habe sich der Bund schon bereit erklärt. Aus Sicht von Siemens ist eine schnelle Verbindung zum Flughafen Schönefeld essentiell, wenn Tegel geschlossen ist. Die Siemensbahn über die alte Trasse hinaus zu verlängern, sei erst einmal nicht Priorität, erklärten die Experten nach Rücksprache mit der Bahn. Die Inbetriebnahme der bisherigen Strecke sei vorerst Anstrengung genug. Im zweiten Schritt sei eine Verlängerung aber denkbar, die dann unterirdisch wäre.
Aktuell wird in Spandau geschaut, erstmals Milieuschutzgebiete auszuweisen. Daniel Buchholz und andere setzen sich bereits dafür ein, auch Haselhorst und Siemensstadt unter Milieuschutz zu stellen. „Weil natürlich durch so viele Wohnungsneubauten, neben dem Innovationscampus Siemens auch auf der Insel Gartenfeld und in der Wasserstadt Spandau – wenn das alles schick und neu wird – ziehen die umliegenden Mieten oft auch an“, sagt Daniel Buchholz. Mit dem Milieuschutz könne man dafür sorgen, dass die Bestandsmieten bezahlbar bleiben und nicht sofort explodieren.
Weitere Gespräche sollen folgen
Siemensstadt hat eine Reihe gestartet, die Bürger in die Planungen kommunikativ einbinden soll: Sie heißt „Let’s talk Siemensstadt“. Kürzlich war das erste Treffen. Sobald der städtebauliche Wettbewerb weiter vorangeschritten ist, sollen dann hierzu auch Diskussionen mit der Öffentlichkeit stattfinden, damit sich alle bei den konkreten Planungen einbringen können.
Aktuelle Auskünfte gibt es unter www.siemens.com/siemensstadt
Autor:Corina Niebuhr aus Kreuzberg |
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