Gestrandet im Hotel
Saatwinkler Damm: Mieter können seit Weihnachten nicht zurück in ihre Wohnungen
Das Zuhause der Familie Dogan ist seit dem 23. Dezember ein Hotel. Mutter Nazli und die drei Mädchen im Alter von 14, elf und acht Jahren bewohnen eine Suite, Vater Ismail ein extra Zimmer. Sie wurden wie andere Mieter dort einquartiert, weil sie ihre unbewohnbaren Wohnungen am Saatwinkler Damm 145 verlassen mussten.
In dem Gebäude war ein Wasserschaden aufgetreten, den eine defekte Abwasserleitung verursachte. Weil davon auch die elektrischen Leitungen betroffen waren, musste der Strom abgestellt werden und die Bewohner ihre Wohnungen verlassen. Viele der Mieter wissen aber noch immer nicht, wann eine Rückkehr möglich ist. Nicht nur das zehrt inzwischen an ihren Nerven. Sie fühlen sich auch unzureichend über die Schäden, den Umfang und den Ablauf der Sanierung informiert. Ein Kontakt mit der Hausverwaltung, so beklagen sie, wäre nur sehr schwer möglich. Die Menschen, die an diesem Nachmittag um den Tisch in der Suite der Familie Dogan sitzen, vermitteln das Gefühl, sie sind hier gestrandet. Eine von ihnen, Ahu Ocak, ist sogar bereits seit September im Hotel. Sie wohnt eigentlich am Saatwinkler Damm 161, wo es damals ebenfalls einen Schaden gegeben hat.
Sie habe sich bereits an die Spandauer Bauaufsicht gewandt, erzählt Nazli Dogan. Dort sei ihr gesagt worden, in diesem Fall wäre von Amtsseite nichts zu machen. Der Bauaufsicht wäre der Schaden am Saatwinkler Damm 145 seit Ende Dezember bekannt, wird vom Bezirksamt auf Anfrage des Spandauer Volksblatts übermittelt. Da ein Telefonat mit der Hausverwaltung ergeben habe, dass bereits Fachfirmen beauftragt wurden, sei ein ordnungsrechtliches Einschreiten nicht mehr erforderlich gewesen. Darauf beziehe sich möglicherweise die Bemerkung gegenüber der Mieterin.
Schwierige Situation
Öffentlich gemacht hat Marcel Eupen vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) die Situation der Menschen vom Saatwinkler Damm. Bei ihm war Nazli Dogan wenige Tage zuvor zum ersten Mal vorstellig geworden. Die Informationspolitik der Hausverwaltung wertete Eupen als „reinste Katastrophe“. Er hält es für ein „absolutes Unding, dass Mieterinnen und Mieter nicht informiert werden, wann sie wieder in ihre Wohnungen können.“ Außerdem hätten sie eine kontinuierliche Betreuung erwarten können.
Die Hausverwaltung hat, anders als anscheinend von den Betroffenen erfahren, auf den Fragenkatalog des Volksblatts ziemlich schnell reagiert. Die Instandsetzungsmaßnahmen wären inzwischen in vollem Gange, wurde erklärt. Mieter auf der linken Seite des Gebäudes könnten bereits wieder ihre Wohnungen nutzen. Für die Wohnungen am rechten Strang führe eine externe Fachfirma aktuell noch Sanierungsarbeiten durch. Danach werde „schnellstmöglich“ mit den Renovierungsarbeiten begonnen, damit auch diese Mietparteien „schnellstmöglich“ zurückkehren können. Ein konkretes Datum könne aber noch nicht genannt werden.
Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären auf zahlreichen Wegen erreichbar, betonte die Hausverwaltung ebenfalls. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass sie für alle Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht anderswo untergekommen sind, noch am Abend des Auszugs die Unterbringung im Hotel organisiert habe. Und zwar „aus Kulanz und auf unsere eigenen Kosten.“
Auch das Thema Hotelkosten sehen die Betroffenen etwas anders. Ja, die würden zwar übernommen, aber nur für die Zimmer. Lediglich in den ersten beiden Wochen sei ihnen auch Frühstück und Abendessen spendiert worden, „wegen Weihnachten und Neujahr“, so erinnert sich ein Mieter an die entsprechende Aussage. Seither müssten sie für die Verpflegung selbst aufkommen. Da es nur eingeschränkte Kochmöglichkeiten gebe, wäre die Ernährung nicht nur eher einseitig, sondern auch teurer. Die aktuelle Situation bringe außerdem weitere zusätzliche Ausgaben mit sich. Ihre Familie habe nur die Bekleidung zur Verfügung, die sie beim abrupten Auszug mitnehmen konnte, erzählte Nazli Dogan. Was noch in der Wohnung liege, könne schon deshalb nicht verwendet werden, weil die Kleidungsstücke wegen der Feuchtigkeit „ziemlich stinken“. Der reduzierte Bestand müsse alle paar Tage gewaschen werden. Mangels einer Waschmaschine passiere das in einem Waschsalon. Auch das gehe natürlich ins Geld.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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