"Monat für Monat stehen die Ladenräume leer"
Im Ackerkiez wollen Anwohner ihren Supermarkt zurück

Wollen endlich eine Lösung: Anwohner und Unterstützer vor dem leeren Supermarkt in der Ackerstraße.   | Foto:  Ulrike Kiefert
  • Wollen endlich eine Lösung: Anwohner und Unterstützer vor dem leeren Supermarkt in der Ackerstraße.
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Im Ackerkiez haben die Anwohner seit über zwei Jahren keinen Supermarkt mehr. Ärgerlich vor allem für Senioren, die nun längere Wege in Kauf nehmen müssen. Wiederholte Nachfragen nach einer Neuvermietung blieben bisher erfolglos. Die Suche nach Lösungen auch.

Genau 111 Wochen ist es her, dass der Edeka auszog. Seitdem steht das Erdgeschoss der Ackerstraße 116a leer. Der Supermarkt kehrte nach der Sanierung nicht zurück. Eine Katastrophe, besonders für die älteren Herrschaften, die in dem Seniorenwohnhaus über dem leeren Geschäft wohnen. Der nächste Aldi ist fast einen Kilometer weg, zu Penny kommt man nur mit dem Bus. „Das schafft niemand, der gehbehindert ist und einen Rollator schiebt.“ Harald Reinhardt ist empört und nicht allein damit. Hildegard Wild schafft es zum Einkauf, der früher ein Katzensprung war, gar nicht mehr. „Jetzt muss mir mein Sohn helfen. Oder ein Mitbewohner geht für mich einkaufen.“ Eine Dauerlösung ist das für die 85-Jährige nicht. „Ich bin wirklich entsetzt, dass uns keiner hilft.“

Über zwei Jahre geht das jetzt schon so. Inzwischen haben sich viele Anwohner zu einer Initiative zusammengeschlossen, doch alle Nachfragen und Bitten um den Wiedereinzug eines Lebensmittelgeschäfts sind bislang fruchtlos geblieben. „Eine Neuvermietung ist bis heute nicht erfolgt, Monat für Monat stehen die Ladenräume leer“, ärgert sich auch Thomas Jeutner. Der Pfarrer der benachbarten Versöhnungsgemeinde unterstützt die Anwohner und hat kürzlich vor dem Haus einen „Bürgertisch“ organisiert.

Fläche ist Händlern zu klein

Vermieterin der Ladenfläche ist die städtische Degewo. „Soweit wir wissen, hat es schon mehrere Interessenten gegeben“, sagt Jeutner. „Doch die sind alle wieder abgesprungen.“ Entweder sei ihnen die Verkaufsfläche zu klein gewesen oder die Miete zu hoch. Hinzu kommt, dass es draußen keinen Parkplatz für Kunden gibt, und die Waren über den Keller angeliefert werden müssen. Bei der Degewo ist das Anliegen der Anwohner bekannt. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung, die die Wünsche der Anwohnenden auch aufnimmt“, teilt Sprecher Stefan Weidelich mit. „Aus den vielen Gesprächen mit Lebensmitteleinzelhändlern, die wir alle aktiv angesprochen haben, wurde uns vor allem gespiegelt, dass die Fläche für moderne Einzelhandelskonzepte zu klein ist.“

Ob dort also wieder ein Supermarkt einzieht, ist fraglich. Ihre Online-Anzeige für das Ladengeschäft hat die Degewo jedenfalls wieder entfernt. „Objekt nicht mehr verfügbar“ heißt es auf immosuche. Dort war das leere Erdgeschoss mit 6631 Euro monatlicher Gesamtmiete annonciert.

Mit ihrem Problem sind die Anwohner auch in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegangen. Andreas Richert, der in der Ackerstraße 116 wohnt, hat in der Septembersitzung eine Einwohneranfrage gestellt. Er wollte wissen, was das Bezirksamt weiß, und welchen Einfluss es auf die Degewo nehmen kann, um wieder einen Lebensmittelladen anzusiedeln. Schließlich seien die nächsten Geschäfte drei bis elf Bushaltestellen entfernt. Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) bestätigte in seiner mündlichen Antwort den ständigen Kontakt zur Degewo. Ein unterschriftsreifer Vertrag mit einem Lebensmitteleinzelhändler soll vorliegen, so die Info an Andreas Richert. „Da ist aber ganz offensichtlich nichts draus geworden.“

Unterschriften sammeln
für Einwohnerantrag

Martha Kleedörfer von der Linksfraktion versteht die Sorgen der Anwohner. Ihre Fraktion wollte das Thema daher im Stadtentwicklungsausschuss besprechen. „Doch das wurde abgelehnt“, informiert sie beim „Bürgertisch“. Andere Themen seien dringlicher, so die Begründung der anderen Fraktionen. Die Linken werden aber dranbleiben, verspricht die Bezirksverordnete, und eine schriftliche Anfrage zum Thema im Bezirksparlament stellen. Ein landeseigenes Wohnungsunternehmen sei in der sozialen Verantwortung, die Nahversorgung sicherzustellen. „Vor allem für Ältere.“ Auch der „Stadtentwicklungsplan Zentren 2030“ (Berliner Einzelhandelskonzept) des Senats schreibt eine „gut erreichbare, wohnortnahe Versorgung“ in der „wachsenden Stadt“ vor.

Wie geht es jetzt weiter? Die Anwohner wollen auf Vorschlag von Kleedörfer jetzt Unterschriften für einen Einwohnerantrag sammeln. Um Druck zu machen. Denn wenn die Bezirksverordneten ihm zustimmen, muss das Bezirksamt aktiv werden. Anwohner Detlef Lärchner wünscht sich zudem eine „klärende Aussprache“ mit allen Beteiligten, Stadtteilkoordinatorin Evelyne Leandro will die Degewo gleich im neuen Jahr zu einem Gespräch bitten und Thomas Jeutner rät, „gemeinsam weiter nach Lösungen zu suchen“. Außerdem erinnert der Pfarrer an den immer noch kaputten Fahrstuhl im Seniorenwohnhaus. Der ist seit sechs Monaten defekt, weil die Ersatzteile fehlen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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