Nazarethkirchengemeinde baut Schinkelkirche auf dem Leopoldplatz um
Die 1832 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel gebaute Alte Nazarethkirche auf dem Leopoldplatz soll in diesem Jahr barrierefrei umgebaut werden.
Bisher sind die Türen meist verschlossen. Das Gotteshaus öffnet nur zu Gottesdiensten oder bestimmten Veranstaltungen. Das soll sich bald ändern. Die Nazarethkirchengemeinde will die Schinkelkirche für 1,5 Millionen Euro umbauen und auch für Rollstuhlfahrer zugänglich machen. Bisher kommt man nur über Treppen in den Kirchensaal im ersten Obergeschoss. Dort befindet sich seit fast 110 Jahren der Altar. Durch den Bau der Neuen Nazarethkirche 1893 wurde der Schinkelbau nicht mehr für Gottesdienste gebraucht. In die Kirche wurde eine Zwischendecke eingezogen, die Räume unten wurden als Kinderheim und Privatschule genutzt. Seit 1973 gibt es eine Kita im Erdgeschoss. Der Schinkelsaal, in dem heute wieder Gottesdienste und Ausstellungen stattfinden, liegt darüber.
Weil die Kita aus allen Nähten platzt und der Spielgarten hinter der Kirche mitten auf dem Leopoldplatz liegt, will die Kirchenkita schon lange dort weg. Die Zustände mit urinierenden Trinkern am Kitazaun und Spritzbestecken, die Junkies auf den Spielplatz werfen, sind untragbar. Die Kita zieht deshalb Ende des Jahres in das Gemeindehaus in der Nazarethkichstraße 50. Statt bisher 48 Plätzen soll es zukünftig 70 geben. „Es gibt im Kiez einen großen Bedarf, wir haben Wartelisten“, sagt Sebastian Bergmann zu den Kitaplänen. Der 40-jährige CDU-Politiker in der Bezirksverordnetenversammlung Pankow ist seit vier Jahren Vorsitzender des Gemeindekirchenrates.
Derzeit werden zwei Etagen im Gemeindehaus umgebaut. In den Räumen war jahrelang das Berliner Arbeitslosenzentrum (Balz) untergebracht. Mit dem Umzug der Kita an den Platzrand mit zukünftig abgeschlossenem Innenhof wird die Kirche frei.
Die Flächen im Erdgeschoss will die Kirchengemeinde zukünftig für die Verwaltung und das Pfarrbüro nutzen. Der Gemeindesaal zieht ebenfalls auf den Platz. In der Nazarethkirche soll es auch Gruppenräume für Projekte geben. „Wenn wir ständig vor Ort sind, können wir auch die Kirche offen halten“, sagt Bergmann. Die Bauanträge für den Umbau des Gotteshauses mit dem Altarsaal sollen jetzt eingereicht werden.
Weil die Kirche barrierefrei umgebaut wird, erhält die Kirchengemeinde rund 750 000 Euro Fördergelder aus dem Senatsprogramm Aktive Zentren. Die Zwischendecke im Eingangsbereich bekommt eine große Lichtöffnung. An der linken Seite wird ein innenliegender Fahrstuhl eingebaut, der auch von außen erreichbar ist.
Die Stadtteilvertretung mensch.müller kritisiert die öffentliche Förderung des Kirchenumbaus. Sie moniert in einer Stellungnahme „die bisher fast vollständig ausbleibende Kooperationsbereitschaft der Kirche, mit zivilgesellschaftlichen Akteuren im Umfeld des Leopoldplatzes zusammenzuarbeiten“. Für den Fall einer öffentlichen finanziellen Förderung fordert die Stadtteilvertretung, „die Nazarethkirchengemeinde vertraglich zu verpflichten, den vorderen Leopoldplatz für Feste auf Initiative von Anwohnern und Engagierten aus den Kiezen zu öffnen. Zudem ist eine regelmäßige Teilnahme am Runden Tisch Leopoldplatz zwingend erforderlich“, heißt es.
Sebastian Bergmann, der „niemanden aus der Stadtteilvertetung kennt“, ärgert sich über solche Vorwürfe. Jeder könne den privaten Vorplatz für Veranstaltungen nutzen, wenn er dies anfragt. Bisher hatte die Kirche ihn auch immer zum Beispiel für das Iftar-Fest zur Verfügung gestellt. Beim alevitischen Aschura-Fest 2017 habe die Kirche auf Anfragen jedoch gar nicht reagiert, sagt mensch.müller-Sprecher Peter Arndt. In diesem Fall fühlte sich die Gemeinde wohl übergangen; statt Nutzungsanträgen bekam die Gemeindeleitung lediglich eine E-Mail mit Ansprechpartnern, die sie „bei allen Fragen zum Projekt kontaktieren“ könne. Zum Vorwurf, dass sich die Kirche nicht beim Runden Tisch engagiert, sagt Bergmann: „Wir arbeiten alle ehrenamtlich und können nach der Arbeit nicht in jedem Gremium dabeisein.“
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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