Riesenbuchstaben kommen weg
Wegen judenfeindlicher Äußerungen ändert die Beuth Hochschule ihren Namen
Die Beuth Hochschule für Technik Berlin an der Luxemburger Straße bekommt einen neuen Namen. Das hat die Akademische Versammlung der Fachhochschule am 23. Januar entschieden.
An der Sitzung des höchsten Gremiums der akademischen Selbstverwaltung nahmen 45 der 51 Mitglieder teil. 30 stimmten für den Umbenennungsantrag von Hochschulpräsident Werner Ullmann, 14 waren dagegen, es gab eine Enthaltung. Der Präsident erhielt mit dem Beschluss zugleich den Auftrag, „einen hochschulweiten Prozess zur Namensfindung einzuleiten“, teilt die Beuth Hochschule mit. Der neue Name solle „in einem transparenten Verfahren über die Akademische Versammlung“ ausgewählt werden.
Mit dem Beschluss endet der 2017 angestoßene „Diskurs Beuth“ über den Namensgeber Christian Peter Wilhelm Beuth (1781-1853). Der „Vater der Ingenieurwissenschaften“ soll sich antisemitisch geäußert und auch gewirkt haben. Die Debatte über Beuths Antisemitismus an der Fachhochschule wurde 2018 durch ein Gutachten von Achim Bühl, Professor an der Beuth Hochschule, öffentlich. Der preußische Ministerialbeamte soll einen „rigiden, völkischen und exterminatorischen Antisemitismus“ vertreten habe. In einer Rede vor der Deutschen Tischgesellschaft in Berlin vor über 209 Jahren soll Beuth zum Bespiel das Verbluten jüdischer Jungen nach ihrer Beschneidung eine „wünschenswerte Folge“ genannt haben. Ein weiteres Gutachten externer Historiker hatte ebenfalls Beuth als Antisemiten beschrieben, aber eine Umbenennung der Fachhochschule nicht für zwingend gehalten. Die antijüdische Einstellung Beuths entspreche gängigen Ressentiments im Preußen des 19. Jahrhunderts.
Hochschule positioniert sich gegen Antisemitismus und Rassismus
Es gab Umfragen unter Studenten, Lehrenden und Mitarbeitern sowie zwei Symposien; das letzte am 9. Januar 2020. Gegen eine Umbenennung der Technik-Hochschule hatte sich der frühere Beuth-Präsident Reinhard Thümer ausgesprochen, der die Beuth Hochschule von 2002 bis 2011 leitete.
Die Beuth Hochschule trägt seit 2009 den Namen des preußischen Reformers. Mit der Umbenennung der bis dahin Technischen Fachhochschule Berlin sollte das Wirken Beuths gewürdigt werden. „Als wissenschaftliche Einrichtung steht unsere Hochschule in der Verantwortung, sich Antisemitismus- und Rassismustendenzen klar entgegen zu stellen. Mit dem Ablegen des Namens Beuth setzt die Hochschule ein klares und aktives Zeichen“, sagte Präsident Werner Ullmann nach dem Beschluss. Gleichzeit betonte Ullmann „die Verdienste Beuths um die gewerbliche Entwicklung in Preußen und um die Ausbildung von Technikern, was für eine angewandte Bildungs- und Wissenschaftstradition stehe“. Wie die Hochschule mitteilt, ging es im über zwei Jahre andauernden „Diskurs Beuth vor allem um die Glaubwürdigkeit der Hochschule in Bezug auf gelebte Toleranz und Vielfalt in Studium, Lehre und Forschung“. Über das Leben und Wirkens Beuths ist eine Ausstellung geplant, die sich auch „mit Beuths Antisemitismus auseinandersetzt und Bezüge zu aktuellen Fragen von Antisemitismus und Rassismus vorsieht“.
Für Unruhe hatte kurz vor der Abstimmung der Akademischen Versammlung ein internes Dokument vom Ersten Vizepräsidenten Kai Kummert gesorgt, aus dem der Tagesspiegel zitiert hatte. Aus der Vorlage Kummerts geht hervor, dass eine Namensänderung inklusive „Logo und Farbe“ über 2,5 Millionen Euro Kosten nach sich ziehen würde, die die Hochschule allein zu tragen hätte. In der detaillierten Kostenschätzung ist laut Tagesspiegel auch die Rede von möglichen „Absolventenklagen“ und einem „Verlust der Rankings in Suchmaschinen“ sowie „von Netzwerken und Bekanntheitsgrad“. Die Akademische Versammlung hatte sich in einer Stellungnahme nach Veröffentlichung von Kummerts Berechnungen hinter „ihren ersten Vizepräsidenten Professor Kummert gestellt, der im Rahmen seiner Dienstaufgabe die Kosten einer Umbenennung der Hochschule abschätzen ließ“, heißt es. „Die Akademische Versammlung verwehrt sich entschieden gegen jeglichen Vorwurf des Antisemitismus auf Basis einer unerlaubten öffentlichen Verwendung interner Dokumente, welche vor dem Zeitpunkt der Entscheidung publik gemacht wurden“.
Weitere Informationen zum Diskurs Beuth unter www.beuth-hochschule.de/beuth.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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