Pudelplatz oder Roter Wedding
Über 500 ernste und alberne Namen für Nettelbeckplatz
Der Nettelbeckplatz soll künftig anders heißen. Sein Namensgeber war in den Sklavenhandel verstrickt. Über 500 Vorschläge sind beim Bezirksamt eingegangen. Ein Gremium will jetzt drei davon aussuchen.
Der Nettelbeckplatz ist seinem neuen Ruf ein gutes Stück näher. Ein Beratungsgremium aus Anrainern, lokalen Akteuren und der Schwarzen Community will aus 532 eingegangenen Namensvorschlägen jetzt drei Favoriten auswählen. Das teilte das Bezirksamt mit. Bis zum Tag der Nachbarschaft am 30. und 31. Mai will sich das Gremium darüber verständigt haben. Dann findet auf dem Nettelbeckplatz eine Informationsveranstaltung statt. Über den endgültigen Namen entscheiden final die Bezirksverordneten.
Der Stadtplatz liegt nicht weit weg vom S-Bahnhof Wedding, direkt an der Reinickendorfer Straße, und ist nach Joachim Nettelbeck (1738 – 1824) benannt. Gefeiert als Volksheld und Verteidiger bei der Belagerung Kolbergs 1807 gegen französische Truppen war der ehemalige Seefahrer allerdings auch aktiv in den Sklavenhandel verwickelt. So heuerte Nettelbeck 1771 in Amsterdam auf einem holländischen Sklavenschiff als Obersteuermann an. Er kommandierte ein großes Beiboot, das dicht an der afrikanischen Küste entlang fuhr, um Sklaven bei einheimischen Anbietern gegen Waffen, Schießpulver, Tabak, Schnaps, Textilien und Krimskram „einzutauschen“. Nettelbeck erzählt davon selbst ausführlich in seinen Lebenserinnerungen. Wegen dieser unrühmlichen Biografie hatte das Bezirksparlament Mitte Juni 2021 entschieden, den Platz umzubenennen. 2023 konnten die Berliner dann vier Wochen lang online auf mein.berlin.de alternative Namen vorschlagen.
„Platz der Vielfalt“, „Roter-Wedding-Platz“, „Tanz auf dem Vulkan“ (wie der Brunnen), „Platz der unbesungenen Heldinnen“, Udo-Lindenberg-Platz oder Harald-Juhnke-Platz: Viele Vorschläge waren durchaus ernst gemeint und gut begründet. Es gab aber auch jede Menge alberne Ideen wie „Platzi McPlatzgesicht“, „Nettelspeckplatz“, „Pudelplatz“ oder "Platz des Aussterbens". Letztere haben schon aus formalen Gründen keine Chance. Andere widersprechen womöglich den Ausführungsvorschriften des Berliner Straßengesetzes. So darf in Berlin ein Straßenname nicht doppelt vergeben werden. Und Personen müssen mindestens fünf Jahre tot sein, bevor eine Straße oder ein Platz nach ihnen heißen kann. Auch sollten Frauen „verstärkt berücksichtigt“ werden.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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