Die Seniorendisco ist zurück
Bei Michael Borge wird nachmittags wieder das Tanzbein geschwungen
Die Seniorendisco von und mit Michael Borge ist die älteste Berlins. Fast eineinhalb Jahre musste sie pausieren. Jetzt ist die berühmte Disco zurück. Am 17. Juli steigt sie im Ballhaus Wedding.
Traditionen müssen gepflegt werden. Auch wenn die Zeiten heute andere sind. Keiner weiß das besser als Michael Borge. 49 Jahre in der Musikbranche bleibt er sich treu. „Ich lege nicht nur Platten auf, ich will die Leute unterhalten.“ Das ist für ihn Herzenssache, das liegt ihm im Blut. Deshalb will er weiterschwofen, nach der viel zu langen Corona-Pause wieder durchstarten. Im Ballhaus Wedding und in Neukölln. Ihm jucken schon die Finger. „Dem Ballhaus mache ich die Hütte voll.“ Michael Borge lacht. Ihn kennt doch so gut wie jeder in der Stadt.
Seit Jahrzehnten legt Michael Borge Musik für Senioren auf. Und er moderiert die Hits, erzählt Witze, verschenkt jedes Mal 100 Rosen und den „doppelten Michael“ (Piccolo) als Gewinn beim Song-Raten. 1974 erfand der einstige Radiomoderator und DJ die Seniorendisco. Damals war Borge 26 Jahre alt. „Ich hätte nie gedacht, dass daraus mal 50 Jahre werden, das ist der Hammer.“ Los ging's am 1. Dezember 1974 im „Tanzpalast Berlin“ über dem Zuntz-Café. Zehn DM kostete der Eintritt damals, und aus den ersten 20 Gästen wurden schnell mehrere hundert. 1977 wechselte die Seniorendisco in den Berlin-Palast ins Café Wien, 1980 dann in den „Wienerwald“ am Zoo. Dann tanzten die Paare im „Edelweiß“ und im „Twenty-Five“ im Europa-Center auf dem Parkett. 1981 folgte die Tanzschule D. Keller im Blauen Satelliten im Ku‘damm-Karree, 1993 Umzug nach Neukölln, 1999 Umzug in die Tanzschule Brunner, zuletzt in die Tanzschule Keller in Steglitz. Nicht einfach, in der immer voller werdenden Stadt Tanzräume zu finden. Mit Corona kam dann das vorläufige Ende, was Borge traurig stimmte. „Ich wollte die 50 Jahre doch vollmachen.“ Nun erfüllt sich sein Wunsch. Bald steht der 74-Jährige wieder am Mischpult.
Was er im Ballhaus Wedding auflegt, weiß Michael Borge noch nicht so genau. „Ich muss sehen, wer da ist, dann weiß ich, was ich spiele.“ Schlager gehen immer. Roland Kaiser, Caterina Valente, Andrea Berg, Howard Carpendale. Oder amerikanische Evergreens, Hits aus den 60ern und 70ern und natürlich Rock ’n’ Roll. 80 000 Schallplatten hat Borge zuhause. Da findet sich schon was. Und er ist schließlich ein Kenner der Musikszene, arbeitete als DJ in der Promi-Disco „Badewanne“ an der Nürnberger Straße – damals trug er noch Schnauzer und langes Haar – und später im Meisel Musikverlag. Zu seinen Partys und später in die Seniorendisco kamen zahlreiche Schlagerstars, die Borge auch auf dem Plattenteller hat. Bernhard Brink, Udo Jürgens, Roland Kaiser, Frank Zander, Gunter Gabriel, die Kessler-Zwillinge oder René Kollo und Max Raabe. „Damals waren viele ja noch nicht so bekannt und suchten eine Bühne“, so Borge. Die fanden sie bei ihm. Aus vergangenen Zeiten erzählt Michael Borge gern. Max Raabe zum Beispiel habe er selbst entdeckt, auch Roland Kaiser. Mit Raabe ist er bis heute befreundet. Stolz ist Borge auch auf eine Dokumentation über seine Seniorendisco. „Wie im Frühling“ hieß sie, lief im WDR und auf 3Sat. Fünf tanzwütige Paare hat das Fernsehteam zwei Jahre lang begleitet. „In China wurde sie 2010 bei einem Filmfestival als beste Doku aus dem Ausland ausgezeichnet. Das hat mich sehr gefreut.“
„Ich mache Musik für alle“
Borge selbst steht eigentlich nicht so gern im Rampenlicht. „Ich bin nur ein Lebenskünstler, einer der übrig geblieben ist, der die Menschen unterhalten will.“ Egal, wie alt sie sind. „Ich mache Musik für alle.“ Das sei ihm wichtig, sagt Borge, auch wenn seine Zielgruppe die Generation Ü60 ist. „Damals war ich der erste, der sich für die Älteren interessiert hat.“ Mit Erfolg, seine Seniorendisco war nicht nur die erste, sondern ist auch die beständigste in ganz Deutschland. „Ich konnte so vielen Senioren Freude schenken“, sagt Michael Borge. Mit seiner Musik, und dass man bei ihm ganz zwanglos tanzen kann, auch wenn man schon reifer ist. Weitermachen will er, solange ihn die Leute wollen. Zum 50. Jubiläum seiner Seniorendisco nächstes Jahr haben sich schon Gäste angekündigt. Stefanie Simon, die Evergreen Brothers und Hannelore Weißgerber.
Bis dahin steigt jetzt aber erstmal die nächste „Seniorendiscothek“ am 17. Juli im Ballhaus Wedding. Los geht’s um 14 Uhr. Der Eintritt kostet 15 Euro. Im Ballhaus will Borge mindestens einmal im Monat auflegen, ebenso wie in der Seniorenwohnanlage Moro in Neukölln. Es hat sich noch lange nicht ausgeschwoft.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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