Mehr Geld fürs Ehrenamt
Bezirke erhalten zum ersten Mal finanzielle Unterstützung für Freiwilligenagenturen
Ab 2018 werden Berliner Freiwilligenagenturen nicht mehr nur von den Bezirken, sondern vom Land Berlin finanziell unterstützt. Sie sind ein Posten im Haushalt 2018/19. Zum ersten Mal. Ein Anlass, um einen Blick auf diesen Teil sozialer Infrastruktur zu werfen. Wie steht es um die Freiwilligenagenturen in Berlin? Und was ist das eigentlich?
„Engagement unterstützende Einrichtung“, das ist ein sperriger Begriff aus dem vom Versicherungskonzern Generali finanzierten deutschlandweiten „Engagementatlas 2015“. Damit wird eine Vielzahl an Institutionen beschrieben, die ehrenamtliche Tätigkeiten vermitteln oder dazu beraten. Das sind etwa Mehrgenerationenhäuser, Stadtteil- und Seniorenbüros – und Freiwilligenagenturen. Letztere sind nicht auf eine Klientel spezialisiert und arbeiten trägerübergreifend.
Freiwilligenagenturen geben Menschen, die sich für einen guten Zweck einsetzen möchten, Orientierung: Was kann ich wo machen? Wer sind Ansprechpartner? Wofür bin ich geeignet? Außer dieser Beratung machen die Agenturen Öffentlichkeitsarbeit für das Ehrenamt, organisieren Veranstaltungen zum Thema und vernetzen sich mit Initiativen, die Freiwillige suchen. In den meisten Bezirken gibt es die Agenturen mittlerweile. Ihre Existenz ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte, wären da nicht die Finanzen. Wie zahlreiche andere soziale Einrichtungen kämpfen auch Freiwilligenagenturen mit Ressourcenknappheit. Bisher bekamen sie finanzielle Unterstützung nur von den Bezirken und sozialen Verbänden, allerdings in sehr unterschiedlichem Maße.
Dauerproblem Geldmangel
„75 Prozent waren ohne ausreichende Förderung, hatten zum Teil nichts oder 1500 Euro oder 10 000 Euro pro Jahr. Damit kann keine nachhaltige und professionelle Arbeit beziehungsweise nur in ganz geringem Maße und eher prekär, geleistet werden“, sagt Carola Schaaf-Derichs, Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin. Wie eine von ihrer Agentur begleitete Masterarbeit von 2017 zeigt, verfügten lediglich fünf der 21 Agenturen in Berlin durchschnittlich über ein Budget über 50 000 Euro pro Jahr, das von Experten als auskömmlich bezeichnet wird.
Dieses Problem hatte die Regierungskoalition bereits 2016 erkannt und eine systematische Förderung der Agenturen durch den Senat in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Als im Haushaltsplanentwurf für 2018/19 zunächst keine finanzielle Unterstützung vorgesehen war, übte die CDU scharfe Kritik: Die Regierungsfraktionen würden „nicht im Entferntesten daran denken, ihre Versprechen zur Stärkung des Ehrenamtes mit Leben zu erfüllen“. Dass Freiwilligenagenturen kurz vor Jahresende doch noch in den Landeshaushalt aufgenommen wurden, verstand die CDU als Reaktion auf ihren Druck – und setzte gleich zu weiterer Kritik an. Eine bloße Finanzierung sei nicht ausreichend, so die Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU): „Ich bin froh, dass sich mittlerweile etwas getan hat und bezirkliche Freiwilligenagenturen aufgestockt werden. Aber es fehlt immer noch eine gesamtstädtische Ehrenamtsstrategie.“
Mehr Verbindlichkeit
Darunter versteht sie ein verbindliches Verfahren, wie der Senat mit den Bezirken, Freiwilligenagenturen und Initiativen zusammenarbeitet. Eine solche Strategie befürwortet auch Schaaf-Derichs. Ihrer Meinung nach böte ein solches Netzwerk die Möglichkeit, besser auf gesellschaftliche Veränderungen wie etwa die starke Zuwanderung von Flüchtlingen 2015 reagieren zu können. Damals mussten stadtweit schnell Hilfskapazitäten erschlossen werden.
Die Vorsitzende des Ausschusses für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation im Abgeordnetenhaus Berlin, Susanna Kahlefeld (Grüne), sieht eine Ehrenamtsstrategie eher als Fernziel. Jetzt stünde erst einmal an, die Finanzierung der Freiwilligenagenturen umzusetzen. Das ist gar nicht so einfach. Denn in den Bezirken gibt es ganz unterschiedlich benannte Institutionen, die die Aufgaben von Freiwilligenagenturen abdecken. Und mancherorts fehlen solche Strukturen noch ganz.
„Die Kriterien bei der Vergabe von Mitteln müssen dieser Vielfalt entsprechen“, sagt Kahlefeld. Welche Voraussetzungen die Agenturen erfüllen müssen, um förderfähig zu sein, wird die Senatskanzlei noch ausarbeiten. Über die Verteilung des Geldes an die Agenturen sollen aber die Bezirke je nach Bedarfslage entscheiden. Für das Jahr 2018 sind 360 000 Euro und für 2019 immerhin 1,2 Millionen Euro zu verteilen.
Autor:Josephine Macfoy aus Schöneberg |
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