Bohren im Rathaus: Verschimmeltes Haus der Gesundheit wird geschlossen / Ärzte ziehen aus

Der jüngste Bauteil, der Fünfgeschosser des Hauses der Gesundheit in der Reinickendorfer Straße 60 B, ist am meisten verschimmelt. | Foto: Dirk Jericho
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  • Der jüngste Bauteil, der Fünfgeschosser des Hauses der Gesundheit in der Reinickendorfer Straße 60 B, ist am meisten verschimmelt.
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Wedding. Nach einer Krisensitzung zieht das Bezirksamt die Reißleine: Auf einer eilig einberufenen Versammlung am 12. Oktober im Haus der Gesundheit (HdG) in der Reinickendorfer Straße 60-60 b informierten Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne), Gesundheitsstadtrat Ephraim Gothe (SPD) und Immobilienstadtrat Carsten Spallek (CDU) alle 131 Mitarbeiter darüber, dass das marode und mit Schimmel verseuchte Gebäude Ende des Jahres geschlossen wird.

Die Zahnärzte bohren demnächst im Rathaus. Und auch Augenärzte könnten schon bald in einem der drei Bezirksrathäuser das Sehvermögen testen.

Der Bezirk versucht „die publikumsintensiven Bereiche“ in den Rathäusern unterzubringen. Der Grund: Um die 131 Mitarbeiter und die Bürger, die zum Gesundheitsamt kommen, vor krankmachenden Schimmelsporen zu schützen, schließt das Bezirksamt bis spätestens zum Jahresende das Haus der Gesundheit. „Das Schiff ist nicht mehr zu halten, wir gehen in die Rettungsboote“, beschreibt Gesundheitsstadtrat Ephraim Gothe (SPD) die dramatische Situation.

Wie berichtet, mussten wegen gesundheitsgefährdendem Schimmelbefall schon etliche Arbeits- und Behandlungsräume im HdG gesperrt werden. Permanente Raumluftmessungen haben ergeben, dass immer mehr Bereiche betroffen sind. Nach Expertenrat zieht der Bezirk die Notbremse.

Die Untersuchungsergebnisse der vom Bezirk beauftragten Firma Oecolab zeigen, dass der Schimmelbau nicht mehr genutzt werden kann und „am besten schon nächstes Jahr“ abgerissen werden soll, so Gothe. Das marode Haus der Gesundheit soll laut BA-Beschluss vom Februar sowieso durch einen 25 Millionen Euro teuren Neubau auf dem angrenzenden Grundstück in der Seestraße Ecke Reinickendorfer Straße ersetzt werden. Allerdings wird das neue Gesundheitsamt frühestens in sechs Jahren fertig; bis dahin wollte der Bezirk das Schimmelhaus noch am Leben erhalten.

Mindestens 30 Mitarbeiter wie zum Beispiel die Experten vom Sozialpsychiatrischen Dienst mussten schon ausziehen. Jetzt sucht der Bezirk dringend Ersatzräume für alle Mitarbeiter. Die Idee ist, dass Verwaltungsbereiche ohne Publikumsverkehr aus den Rathäusern in andere Büros umziehen, um Platz für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD), die Krebs-Beratungsstellen, Augenärzte oder Zahnarztpraxen zu machen. Neue Büroräume will der Bezirk im TLG-Gebäude am Kapweg 3-5 am Kurt-Schumacher-Platz anmieten.

Dass im Rathaus Tiergarten Zähne gebohrt oder Kinder geimpft werden, ist gar nicht so neu. Bereits vor neun Jahren wurden im Tiergartener Rathaus Behandlungsräume für das Gesundheitsamt eingerichtet. Damals zogen rund 100 Mitarbeiter vom Haus der Gesundheit in der Turmstraße 22 ins Rathaus am Mathilde-Jacob-Platz 1, weil der Bezirk den Standort neben dem ehemaligen Krankenhaus Moabit schließen musste. Der Grund damals wie jetzt auch: Völlig marode Bausubstanz, unwirtschaftliche Sanierung.

Durch unterlassene Wartung und Pflege und den rigiden Sparkurs in den vergangenen Jahren wurden bezirkseigene Gebäude systematisch heruntergewirtschaftet. Der Sanierungsstau an Schulen und anderen Häusern ist enorm.

Der am meisten verschimmelte Gebäudeteil des Hauses der Gesundheit in der Reinickendorfer Straße ist gerade mal 40 Jahre alt. „Was für ein Staatsversagen“, sagte der Bezirksverordnete Michael Konrad von den Piraten nach der BVV-Gesundheitsausschusssitzung, in der Gothe die Hiobsbotschaft von der sofortigen Schließung verkündete.

„Wenn Sanierungen verschleppt werden, rächt sich das immer“, so Konrad. „Hätte der Sheriff von Dassel in der letzten Legislaturperiode mal so hartnäckig gehandelt wie jetzt beim Großen Tiergarten.“ Er habe gehört, dass mindestens zehn weitere Bezirksgebäude stark marode sind, aber eine Nutzung derzeit noch vertretbar sei, teilt der Pirat mit. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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