Gedenkstele für „Blutmai“ an der Walter-Röber-Brücke kommt
Seit knapp 30 Jahren erinnert ein Gedenkstein an der Walter-Röber-Brücke an die Opfer des brutalen Vorgehens der Polizei bei den „Blutmai“-Krawallen 1929. Jetzt soll eine Infostele mit QR-Code daneben aufgestellt werden.
Es war eine der schwersten Schlachten der Weimarer Republik, als Polizisten auf der Kösliner Straße am 1. Mai 1929 auf Arbeiter und unbewaffnete Zivilisten schossen. Sogar eine Hausfrau wurde beim Wäscheaufhängen niedergestreckt.
Der sozialdemokratische Berliner Polizeipräsident Karl Friedrich Zörgiebel (1878-1961) hatte ein im Dezember 1928 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erlassenes Demonstrationsverbot zu den traditionellen Mai-Kundgebungen nicht aufheben wollen. Die Kommunisten wollten sich ihr Demonstrationsrecht aber nicht nehmen lassen. Die KPD rief trotzdem dazu auf; „Straße frei für den 1. Mai!“ lautete die Parole von Ernst Thälmann. Tausende KPD-Anhänger zogen ins Stadtzentrum; die Polizei reagierte mit brutaler Härte.
Wedding, Arbeiterbezirk mit mehr als 40 Prozent KPD-Wählern, war einer der Hotspots beim sogenannten "Blutmai". Die SPD-geführten Polizisten – insgesamt waren es etwa 13 000 Mann, die das Demonstrationsverbot durchsetzen sollten – schossen in die Menge. Anwohner warfen Flaschen und Steine auf die einrückende Polizei. Die Kösliner Straße wurde zum Schlachtfeld mit brennenden Barrikaden. Die Polizei rückte in Wedding sogar mit Panzwerwagen mit Maschinengewehr gegen die Leute vor.
Auch an anderen Orten in der Stadt hatten die Demonstranten unter Führung des Roten Frontkämpferbundes (RFB) Barrikaden und Straßensperren errichtet. In Wedding und Neukölln, ebenfalls ein traditioneller Arbeiterbezirk, wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Ergebnis der dreitägigen Unruhen: 33 Tote und mehr als 1200 verhaftete Personen.
„Anfang Mai 1929 fanden hier bei Straßenkämpfen 19 Menschen den Tod. 250 wurden verletzt“ steht auf dem Stein, der an der Walter-Röber-Brücke liegt. Straßenkämpfe? 1929? Warum? Viele wissen nicht, was es mit der Geschichte auf sich hat.
Seit fünf Jahren kümmert sich Katrin Schäfer um das Thema. Die Sozialpädagogin des gegenüberliegenden Tageszentrums für psychisch kranke Menschen in der Wiesenstraße 30 organisiert am 5. Mai um 11 Uhr zum vierten Mal eine Gedenkveranstaltung am Stein. Der frühere Weddinger Stadtrat und Vorsitzende des Weddinger Heimatvereins, Bernd Schimmler, erzählt die Geschichte rund um den Gedenkstein, den er kurz vor der Wende hat aufstellen lassen. Historiker Hartmut Henicke erläutert die Hintergründe. Er hat 2009 die Ausstellung „Berliner Blutmai 1929“ im Heimatmuseum Mitte kuratiert. Und Katrin Schäfer, die vor drei Jahren die AG Gedenkstein im Tageszentrum Wiese 30 gegründet hat, spricht über die Gedenkstele, die endlich neben dem Gedenkstein aufgestellt werden soll. Dafür wurden 1500 Euro vom Quartiersmanagement Pankstraße bewilligt. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte 2016 in einem Beschluss ebenfalls „eine Informationstafel plus QR-Code für weitergehende Informationen“ gefordert. Allerdings reicht das Geld nur für eine ein Meter hohe Stele aus Stahl, auf der ein QR-Code und der Link zur Infoseite blutmai.de eingraviert werden. Für Textinfos und Fotos direkt am Ort reicht das Geld nicht, sagt Katrin Schäfer. Die Gedenkstele soll noch in diesem Jahr aufgestellt werden. Schäfer freut sich über jeden Anwohner, der in der AG Gedenkstein mitarbeiten möchte. Die Gruppe trifft sich jeden ersten Dienstag im Monat um 16 Uhr.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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