Gutachter präsentieren Empfehlungen: Straßenumbenennung im Afrikanischen Viertel

Das Umbenennungsverfahren im Afrikanischen Viertel geht in die nächste Runde. | Foto: Dirk Jericho
  • Das Umbenennungsverfahren im Afrikanischen Viertel geht in die nächste Runde.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Zwei Jahre nach dem BVV-Beschluss, die Lüderitzstraße, den Nachtigalplatz und die Petersallee im Afrikanischen Viertel umzubenennen, geht das bisher völlig verkorkste Verfahren in die nächste Runde.

Auf einer „Informationsveranstaltung“ am 1. März um 19 Uhr im BVV-Saal des Rathauses Tiergarten (Mathilde-Jacob-Platz 1) sollen die von den jeweiligen Fraktionen berufenen Wissenschaftler als „Gutachtende“ öffentlich ihre Empfehlungen für neue Straßennamen vorstellen. Die Experten sollten sich noch einmal alle 196 Namensvorschläge, die auf Grund der Aufrufe des Bezirksamtes von Dezember 2016 und Februar 2017 eingegangen waren, anschauen und „drei Personen auswählen, die als Namensgeberin oder Namensgeber in Frage kämen“, so Kulturstadträtin Sabine Weißler (Grüne).

Sie hatte nach dem Bürgeraufruf eine geheim tagende Jury berufen und im Mai 2017 deren Mitglieder und Ergebnisse präsentiert. Die Geheimjury hatte für die Straßennamen Petersallee, Lüderitzstraße und Nachtigalplatz, die wegen ihres kolonialen Zusammenhanges verschwinden sollen, folgende sechs Namen vorgeschlagen: die afrikanische Königin Nzinga von Matamba (1583-1663), die Königinmutter Yaa Asantewaa (1863-1923), der schwarze Berliner Hochbahnfahrer Martin Dibobe (1876-1922?), die südafrikanische Sängerin Miriam Makeba (1932-2008), die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai (1940-2011) und Rudolf Manga Bell (1873-1914), König des Duala-Volkes in Kamerun zur deutschen Kolonialzeit.

Heftige Kritik gab es nach Bekanntwerden der Jury-Empfehlung vor allem an dem Vorschlag für die afrikanische Königin Nzinga im heutigen Angola, weil diese im 17. Jahrhundert Zehntausende ihrer Landsleute als Sklaven verkauft haben soll.

Gespaltene Meinungen zur Umbenennung

Wegen der massiven Proteste zum intransparenten Verfahren und Namensvorschlägen hatte der BVV-Kulturausschuss am 14. Juni 2017 beschlossen, das laufende Umbenennungsverfahren zu stoppen und neu aufzurollen. Statt weiter über die sechs Namen zu beraten, erklärte der BVV-Ausschuss das Jury-Verfahren für beendet. Alle 196 Namensvorschläge sollten wieder in den Topf; die 190 aussortierten waren von Stadträtin Sabine Weißler zunächst unter Verschluss gehalten worden. Beim Neustart sollte jede Fraktion nun einen Gutachter vorschlagen, „der in einer öffentlichen Veranstaltung wissenschaftliche Stellungnahmen“ zu den Namen abgibt.

Die CDU-Fraktion, die bisher immer gegen die Straßenumbenennung im Afrikanischen Viertel war, hat keinen Gutachter bestellt, „obwohl wir mit einem Professor der Uni Potsdam durchaus einen renommierten Gutachter gehabt hätten“, so Fraktionschef Sebastian Pieper. Er fordert eine „echte Bürgerbeteiligung über die Grundsatzfrage einer Straßenumbenennung“. Das sei aber nicht gewollt, „sondern es sollten nur Namen ausgewählt werden“.

Bezüglich der Petersallee vertritt die CDU die Position des bezirklichen Rechtsamtes, dass eine Umbenennung unzulässig ist. Denn die Petersallee, die Weißler ebenfalls umbenennen will, ehrt seit 1986 den NS-Widerstandskämpfer und CDU-Politiker Hans Peters. Die ursprünglich 1939 nach dem rassistischen Kolonialpolitiker und Unternehmer Carl Peters benannte Straße wurde auf Drängen der Anwohner umgewidmet. Sabine Weißler will die Straße trotzdem umbenennen, weil die Leute die Petersallee mit dem bösen Peters in Verbindung bringen würden, wie sie behauptet.

Die AfD-Fraktion hat den AfD-Bundestagsabgeordneten Götz Frömming zum Gutachter berufen. Der frühere Berliner Geschichtslehrer wird sich auf der Bürgerversammlung dafür aussprechen, die Namen Lüderitzstraße und Nachtigalplatz beizubehalten und „eine Kontextualisierung“ vorzunehmen. „Es geht bei unserer Empfehlung keinesfalls darum, den Kolonialismus zu verherrlichen, sondern darum, die historischen Straßennamen als einen Ausgangspunkt und natürlichen Lernanreiz für einen kritischen und reflektierenden Umgang mit unserem geschichtlichen Erbe zu erhalten“, sagt die AfD-Bezirksverordnete Sabine Schüler.

Der langjährige Weddinger Ex-Stadtrat und Vorsitzende des Weddinger Heimatvereins Bernd Schimmler kritisiert Weißlers Bürgerversammlung am 1. März im Rathaus Tiergarten. „Diese Stadträtin will eine Straßenumbenennung in jedem Fall durchsetzen“, ärgert er sich. „Der Termin in Tiergarten und nicht in Wedding scheint der Versuch zu sein, die Bürger des Afrikanischen Viertels möglichst auszuschließen“, so Schimmler. „Die Grünen-Stadträtin scheint effektive Bürgerbeteiligung zu scheuen“, sagt der SPD-Politiker und fordert, „dass der Termin vor Ort stattfindet“.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 579× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 864× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 839× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.218× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.