Wem gehört die Kinderfarm? Bezirk bekommt gekündigten Trägerverein nicht vom Gelände

Siggi Kühbauer will die Kinderfarm nicht freiwillig verlassen: „Wir machen weiter wie bisher.“ | Foto: Dirk Jericho
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Wedding. Auch ein Jahr, nachdem das Jugendamt dem Verein Weddinger Kinderfarm e.V. als Träger des Minitierparks gekündigt hat, macht Kinderfarm-Chef Siggi Kühbauer weiter wie bisher. Geld bekommt der streitbare Leiter für sein wichtiges Kiezprojekt nicht mehr.

Am 15. April war die Gerichtsvollzieherin zum ersten Mal auf der Weddinger Kinderfarm, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Der Bezirk hat im Februar einen Räumungstitel erwirkt, gegen den der Verein aber Berufung eingelegt hat. Mehrere Verfahren sind in dem Konflikt zwischen dem Jugendamt und dem Trägerverein anhängig. Auf dem Bauernhof selbst merkt man nichts davon. „Wir machen weiter wie bisher“, sagt Siggi Kühbauer. Seit 34 Jahren können Kinder hier auf Ponys reiten, Kaninchen füttern oder einfach nur Stallluft schnuppern.

Förderung eingestellt

Jugendstadträtin Sabine Smentek (SPD) hat die Förderung des Projektes Ende März 2015 eingestellt und den Verein aufgefordert, das Gelände an der Luxemburger Straße bis Ende April 2015 zu räumen. Der Kinderfarm-Verein soll seit 2013 trotz mehrfacher Fristverlängerungen notwendige Abrechnungen und Berichte nicht erbracht haben. Kühbauer spricht von Schikane, Korruption und wegen der eingestellten Zahlungen von Zweckentfremdung öffentlicher Gelder. Gegen den Rückforderungsbescheid von zirka 160 000 Euro, die das Jugendamt 2013 den Kinderfarm-Betreibern überwiesen hat, läuft ein Widerspruch. Dass zudem EU-Gelder für ein Projekt auf der Kinderfarm gestrichen wurden, will Kühbauer dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung melden.

Smentek will den Verein loswerden und einen neuen Träger installieren, der die Kinderfarm nahtlos weiter betreibt. Der Jugendhilfeausschuss hat vergangenes Jahr den Träger Kinderbunter Bauernhof ausgewählt, den zwei Ex-Mitarbeiter vom Weddinger Kinderfarm e.V. gegründet haben. Die Neuen können wegen der juristischen Auseinandersetzungen bisher nicht aufs Gelände. „Mit dem neuen Träger finden derzeit vorbereitende Gespräche statt“, sagt Smentek. Der Streit geht vor allem auch darum, wem die Kinderfarm gehört. Unstrittig ist wohl, dass die etwa 60 Tiere und das Inventar Eigentum des gekündigten Vereins sind. Aber wem gehören die Stall- und Betreungshäuser, die mit öffentlichen Mitteln saniert wurden? Der Bezirk sagt, ihm. Laut Kühbauer habe der Senat 2003 die Ställe und Holzhäuser dem Verein zugesprochen. Für ihn ist das Vorgehen des Bezirks ein „Versuch der Enteignung“. Mit privaten Krediten und Spenden finanziert der streitbare Chef seit über einem Jahr den Kinderbauernhof. Akribisch listet er seine Angebotsstunden auf. Das sind Tausende. Laut Kühbauer habe der Bezirk von April 2015 bis März 2016 vom Senat dafür 418 000 Euro Zuweisung erhalten. Weil die Kinderfarm kein Geld mehr bekommt, spricht er von Zweckentfremdung. Die Zuwendungen seien Teil der bezirklichen Globalsumme, sagt die Jugendstadträtin. Es bestehe kein Anspruch eines bestimmten Trägers auf einen bestimmten Anteil. „Die Mittel der Jugendförderung sind auch im vergangenen Jahr für entsprechende Angebote zweckentsprechend ausgegeben worden“, so Smentek.

Für die Räumungsklagen hatte das Bezirksamt ein externes Anwaltsbüro beauftragt. Die hatten den Streitwert auf zirka 660 000 Euro beziffert; das Gericht hatte ihn im Verfahren jedoch auf 50 000 Euro heruntergesetzt. Wie viel hat der Bezirk bisher an die Rechtsanwälte abgedrückt? „Vertrauliche Vertragsangelegenheit“, sagt Smentek nur. Auch die Frage, wem denn die Gebäude gehören, beantwortet die Stadträtin wegen des „schwebenden juristischen Verfahrens“ nicht. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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