Wedding verliert weltweit ältestes Spezialmuseum

Im Zuckermuseum gab es auch regelmäßig süße Mitmachaktionen für Kinder. | Foto: Dirk Jericho
2Bilder
  • Im Zuckermuseum gab es auch regelmäßig süße Mitmachaktionen für Kinder.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Wedding. Am 4. November hat das 1904 eröffnete und weltweit einzigartige Zuckermuseum im früheren Institut für Zuckerindustrie in der Amrumer Straße 32 das letzte Mal geöffnet.

Deutschlands süßeste Sammlung kommt ins Depot. Erst in zwei Jahren soll die Ausstellung zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des Zuckers im Technikmuseum in der Trebbiner Straße wiedereröffnet werden. Ursprünglich wollte die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin (SDTB), zu der das Zuckermuseum gehört, ein altes Kesselhaus dafür herrichten. Die Fläche wäre kleiner gewesen als die jetzigen 400 Quadratmeter im Zuckerinstitut. Nach Protesten soll die überarbeitete und um den Bereich Lebensmitteltechnologie erweiterte Ausstellung ab Ende 2014 im Neubau-Foyer im Haupthaus gezeigt werden. "Auf 800 Quadratmetern", wie SDTB-Sprecherin Tiziana Zugaro sagte. "Uns blutet auch das Herz, weil wir den historischen Standort in der Amrumer Straße aufgeben müssen", so Zugaro.

Das Zuckermuseum muss raus, weil die Technische Universität das über 100 Jahre alte Gebäude des einstigen Instituts für Zuckerindustrie aufgibt. Die TU nutzt seit 1978 das Haus mit zwei Instituten. Das Zuckermuseum war hier bisher mietfrei untergebracht. Die Kosten für eine Übernahme und Sanierung des Hauses durch die Museumsstiftung lägen bei mindestens fünf Millionen Euro, sagte Zugaro. Der Umzug nach Kreuzberg sei viel günstiger. Außerdem kämen jährlich eine halbe Million Besucher in das Museum in der Trebbiner Straße. Das Weddinger Zuckermuseum hatte zuletzt 16 000 Besucher pro Jahr.

Der Förderverein des Zuckermuseums wurde über den Umzug erst Ende August informiert. Der Vorstand konnte sich mit seiner Forderung, die Dauerausstellung des Zuckermuseums bis zur Errichtung des Alternativstandortes geöffnet zu lassen, nicht durchsetzen. "Wir sind hinters Licht geführt worden", sagt Dr. Elmar Krause. Der pensionierte Ingenieur, der früher in Zuckerfabriken gearbeitet hat, ist aus dem Fördererkreis ausgetreten.

"Wedding verliert ein einzigartiges Sonderkulturgut", ärgert sich Krause. Dr. Jürgen Bruhns, früherer Geschäftsführer des Fördervereins und Herausgeber der internationalen Zeitschrift "Sugar Industry - Zuckerindustrie", hat an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Mittes Bürgermeister Christian Hanke (SPD) geschrieben und fordert den Erhalt der denkmalgeschützten Versuchsfabrik und des Zuckermuseums am historischen Ort. "Berlin ist die Geburtsstadt des Rübenzuckers und sollte dem Zucker ein eigenständiges Museum widmen", so Bruhns. Sein Urgroßvater, Professor Alexander Herzfeld, war der erste Direktor des Zuckerinstituts in der Amrumer Straße.

Zuckersüße Geschichte

In Berlin wurde Zuckergeschichte geschrieben. Hier entdeckte 1747 der Apotheker Andreas Sigismund Marggraf den Zucker in der Runkelrübe. Im Weddinger Zuckerinstitut erforschten Wissenschaftler in den Laboratorien Analyse- und Produktionsverfahren. Das einst von der deutschen Zuckerindustrie gegründete Zuckermuseum kam nach dem Zweiten Weltkrieg in Landesbesitz und wurde 1978 von der Technischen Universität Berlin übernommen. Seit 1988 ist das Museum ein eigenständiges Landesmuseum und wurde 1989 nach einjährigem Umbau wiedereröffnet. Bis dahin war die Sammlung nur Fachbesuchern zugänglich. Seit 1995 gehört das Zuckermuseum als Stiftung Öffentlichen Rechts zum Deutschen Technikmuseum. Auf zirka 450 Quadratmetern wird die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des Zuckers erzählt. In elf Abteilungen erhalten Besucher einen Einblick in alle mit Zucker zusammenhängenden Gebiete: Technik, Naturwissenschaft und Landwirtschaft sowie Wirtschaftsgeschichte, Volkskunde und Kunst. Sammlungsschwerpunkte sind Dokumente zur Kulturgeschichte, Zuckergefäße, Produktions- und Analysegeräte und historische Verkaufs- und Verpackungsformen. Anfang des Jahres gab es noch Erweiterungspläne, das historische Damenlabor in dem Altbau wieder mit historischen Geräten auszustatten und erstmals als Museumslabor zu eröffnen.

Dirk Jericho / DJ
Im Zuckermuseum gab es auch regelmäßig süße Mitmachaktionen für Kinder. | Foto: Dirk Jericho
Das Zuckermuseum in der Amrumer Straße wird Sonntagabend für immer geschlossen. | Foto: SDTB / C. Kirchner
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Kniebeschwerden können durch Unfälle, Verschleißerscheinungen oder Fehlstellungen verursacht werden und beeinträchtigen Ihre Beweglichkeit sowie Ihre Lebensqualität erheblich. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Für mehr Lebensqualität!
Linderung für Hüft- und Knieschmerzen

Hüft- und Kniebeschwerden können durch Unfälle, Verschleißerscheinungen oder Fehlstellungen verursacht werden und beeinträchtigen Ihre Beweglichkeit sowie Ihre Lebensqualität erheblich. Bei unserem Infoabend wird Tariq Qodceiah, Chefarzt für Orthopädie & Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums in Reinickendorf, Ihnen die verschiedenen Ursachen und Behandlungsstrategien für Knie- und Hüftschmerzen erläutern. Er stellt sowohl konservative als auch operative Methoden vor und zeigt,...

  • Reinickendorf
  • 25.02.25
  • 727× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 962× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 955× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.