Beamtenbüros für Obdachlose: Ehemaliges Verwaltungsgebäude erneut Notübernachtung

Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) schmeckt die Linsensuppe in der Notübernachtungsstelle für Obdachlose in der Seestraße 49. | Foto: Dirk Jericho
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Wedding. Glück für die Gestrandeten, die gar nichts mehr haben. Weil die Genehmigung zum Umbau des einstigen Bürogebäudes des bezirklichen Schul- und Sportamtes zum Atelierhaus immer noch nicht nicht vorliegt, kann der Bezirk die runtergekommene Immobilie zum zweiten Mal als Notübernachtungsstelle für Obdachlose im Rahmen der Kältehilfe nutzen.

Sie stehen schon mindestens eine Stunde vor Öffnung um 19 Uhr an der Tür und warten darauf, dass sie endlich rein können: Obdachlose, die einen Schlafplatz für die Nacht brauchen. Vor allem Osteuropäer strömen in die Notübernachtungsstelle in der Seestraße 49, lassen sich beim „Check-in“ nach Waffen, Drogen und Alkohol abtasten, die zugewiesene Zimmernummer für die Nacht auf die Hand schreiben und torkeln, zumindest einige, mit Bettwäsche in der Hand zum Metallbett. Unter den „Gästen“ sind Leute wie Oskar (59) aus Polen, der kein Wort Deutsch oder Englisch spricht und arg mitgenommen aussieht und einfach nur etwas zu essen und ein Bett braucht, aber auch Menschen wie Uwe, den es unerwartet auf die Straße verschlagen hat. Der 32-Jährige aus Rottweil ist erst vor ein paar Tagen in Berlin angekommen, weil er neu starten will, wie er sagt. Jetzt sucht er Job und Wohnung – die Notübernachtungsstelle ist für ihn „eine Megachance“ für einen geordneten Neuanfang.

59 Schlafplätze

Betrieben wird die am 4. Januar eröffnete Kältehilfeeinrichtung schräg gegenüber vom Kino Alhambra bis Ende März vom gemeinnützigen Träger „Neue Chance“ im Auftrag des Bezirksamtes. Geschäftsführer Ingo Bullermann freut sich, dass er in dem Haus wie bereits im vergangenen Winter 59 Schlafplätze anbieten kann. Man könnte in dem Gebäude auch die doppelte Zahl unterbringen, doch das dritte und vierte Obergeschoss werden nicht genutzt. Brandschutzrechtlich wären bei höherer Belegung die Anforderungen zu hoch.

Das Sozialamt zahlt dem Betreiber 16,95 Euro pro Übernachtung. Wie Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) zur Eröffnung der Kältehilfe-Notübernachtungsstelle sagte, werden im Bezirk 215 Plätze finanziert. Doch es werde immer schwieriger, Notübernachtungsplätze zu finden. Gothe sagte, die Stadt müsse Immobilien für diese Sozialaufgaben bereitstellen und „neue Prioritäten setzen“. Dieter Ruhnke, Chef der gemeinnützigen Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE), die als Treuhänder des Landes Wohn- und Gewerberäume für gemeinnützige Träger und Kulturprojekte verwaltet, plädierte dafür, landeseigene Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Dort könnten, wie es auch für Flüchtlinge gemacht wird, sogenannte modulare Unterkünfte für Obdachlose errichtet werden.

Bauantrag fehlt

Die GSE will das ehemalige Verwaltungsgebäude in der Seestraße 49 zum Atelierhaus mit betreuten Wohngemeinschaften für minderjährige Flüchtlinge umbauen und 400.000 Euro in das Projekt investieren. Die Eröffnung war ursprünglich für Ende 2015 geplant. Doch weil der Bauantrag noch immer nicht genehmigt wurde, wie Projektleiter Jürgen Lindner von der GSE sagte, habe man das Haus diesen Winter noch einmal an die Kältehilfe vermietet. Sozialstadtrat Ephraim Gothe will zukünftig auch mit Backpacker-Hostels Verträge machen und dort im Winter Betten im Rahmen der Kältehilfe anmieten. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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