Künstliche Intelligenz gegen Prostatakrebs
Charité hat mit „Ethos“ ein einzigartiges Hightech-Bestrahlungsgerät
Die 145 Krebsspezialisten an der Charité haben für ihren Kampf gegen bösartige Tumore eine neue Hightech-Waffe. Im Virchow-Klinikum steht jetzt das berlinweit einzigartige Bestrahlungsgerät „Ethos“. Die KI-unterstützte Präzisionstherapie soll vorerst nur bei Patienten mit Prostatakrebs eingesetzt werden.
Rund die Hälfte aller Krebspatienten muss zur Bestrahlung. Mit sogenannten Linearbeschleunigern wird dabei hochintensive Strahlung auf die Krebszellen geschickt, die das Turmorgewebe zerstören soll. Das Problem: Bei der herkömmlichen Strahlentherapie kann umliegendes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen werden – vor allem, wenn der Tumor schnell wächst oder schrumpft oder Organe ihre Lage verändern, zum Beispiel durch Darm- oder Magenbewegungen. Dann sind die CT-Aufnahmen, die in den Tagen vor der Bestrahlung gemacht wurden, unter Umständen nicht mehr ganz genau.
Das neue Bestrahlungsgerät „Ethos“, das jetzt in der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Charité-Campus Virchow-Klinikum steht, kann mittels Künstlicher Intelligenz (KI) seine Strahlen ganz gezielt und hochpräzise abfeuern. „Die Bestrahlung kann an aktuelle Veränderungen der Lage und Größe von Organen und Tumoren angepasst werden“, erklärt Klinikdirektor Professor Daniel Zips. Der Hightech-Strahler „Ethos“ ermittelt innerhalb weniger Minuten durch den integrierten Computertomographen die exakte Größe und Lage von Tumor und umliegenden Organen. „Anschließend wird die optimale Verteilung der Strahlendosis bestimmt. So ist eine präzisere und schonendere Bestrahlung möglich“, so Zips.
Die KI erstellt ein Modell und generiert einen tagesaktuellen Bestrahlungsplan. Während der Behandlung ermöglicht die KI-Technologie eine kontinuierliche Anpassung an Veränderungen, was zu einer noch genaueren Bestrahlung führt. „Die adaptive Therapie verbindet höchste Wirksamkeit mit geringen Nebenwirkungen“, sagte Charité-Chef Professor Heyo K. Kroemer zur Eröffnung der KI-gestützten Hightech-Bestrahlung. Das neue Bestrahlungsverfahren sei „ein entscheidender Schritt hin zur personalisierten Präzisionsbestrahlung an der Charité“, so Kroemer.
Von der neuen adaptiven KI-Strahlentherapie werden vor allem Patienten mit gynäkologischen Tumoren, Prostata- oder Harnblasenkrebs profitieren. Bei diesen Organen ist es besonders schwierig, mit jetzigen Bestrahlungsgeräten präzise die Tumorzellen zu erwischen, weil Blasen- und Darmfüllungen die Lage beeinflussen. Die Charité wird den neuen Hightech-Strahler zunächst bei Patienten mit Prostatakrebs einsetzen, wie Professor Zips sagt. Später solle diese Strahlentherapie auch auf andere Tumorarten ausgeweitet werden. Zips betont, dass „trotz modernster Technik auch bei diesem Verfahren menschliche Expertise unverzichtbar ist“. Experten prüfen den von der KI vorgeschlagenen Bestrahlungsplan und geben diesen frei.
„Von der adaptiven Strahlentherapie profitieren Forschung und Patienten gleichermaßen“, sagte Gesundheitssenatorin Ina Cyzborra (SPD). Im Rahmen der Forschung arbeiten der Gerätehersteller Varian Medical Systems und die Charité-Experten zusammen. Die Patienten werden von einem professionellen Team begleitet und können durch ihr Feedback aktiv zur Anpassung der Therapie beitragen. In Studien wollen die Forscher herausfinden, welche Prostatakrebspatienten besonders von der Therapie profitieren.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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