Ärzte ohne Grenzen
Die Berlinerin Mona Tamannai hilft, wo gerade Not ist
Gerade kommt sie von einer Schulung in Uganda. Als nächstes steht ein Einsatz in Bangladesch bevor. Die Berliner Ärztin Mona Tamannai hat einen vollen Terminkalender. Trotzdem findet sie Zeit für ein Gespräch mit der Berliner Woche.
Schon als Kind wollte Mona Tamannai Ärztin werden. Woher dieser Wunsch kam, weiß die 38-Jährige nicht mehr. Nur, dass sie damals eine Entscheidung traf, die sie noch heute glücklich macht. Noch im Medizinstudium an der Charité absolvierte sie zwei Auslandspraktika in Südafrika. Dann kam die Facharztausbildung zur Kinderärztin. In dieser Zeit betreute sie ein Jahr junge Krebspatienten in Kamerun. Ihre Bewerbung bei Ärzte ohne Grenzen war da naheliegend.
Tamannai trägt legere Kleidung, doch ihre Haltung ist angespannt. Die Mimik schwankt immer wieder zwischen forschem Ernst und einem ansteckend herzlichen Lächeln. Sie redet laut und selbstbewusst. Wenn sie von ihren Einsätzen für Ärzte ohne Grenzen erzählt, strahlt sie die Souveränität einer Person aus, die ihre Herzensaufgabe gefunden hat. „Auch die Arbeit in Berlin hatte mir gefallen, aber ich bin trotzdem manchmal mit einem Seufzer hingegangen. Das ist in Projekten bei Ärzte ohne Grenzen nie so", sagt sie.
Tamannai machen ihre Einsätze zufrieden, weil sie weiß: Gerade in entlegenen Regionen mit schlechter Infrastruktur hätten viele Menschen ohne die Ärzte wohl keine Chance auf Heilung. Die Dankbarkeit sei dort eine andere als in Deutschland. Denn wo der Tod allgegenwärtig ist, kann das Leben ein unerwartetes Geschenk sein.
Momente, die man nie vergisst
„Man sieht eben, was man tut“, sagt Tamannai pragmatisch. Sentimentalitäten scheinen ihr fernzuliegen. Dennoch muss sie oft an ein bewegendes Erlebnis denken: In einer Einrichtung der Ärzte ohne Grenzen und des tansanischen Roten Kreuzes fiel ein Mädchen vor ihren Augen in Ohnmacht. Durch Reanimation konnte es gerettet werden. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass die Kleine stark unterzuckert war. Wäre sie an einem anderen Ort zusammengebrochen – sie hätte wohl nicht überlebt. „Das sind Momente, die man nicht mehr vergisst“, sagt Tamannai.
Für Ärzte ohne Grenzen ist sie immer wieder nah dran an den Krisen der Welt: In Äthiopien behandelte sie 2014 südsudanesische Flüchtlinge, die vor einem immer noch schwelenden Bürgerkrieg flohen. In Bangladesch geht es darum, den aus Myanmar vertriebenen Rohingya Nothilfe zu leisten.
An vielen Orten sind die Arbeitsbedingungen äußerst schwierig. „Nicht immer sind mehrere Ärzte in einem Projekt, sodass man sich besprechen kann. Auch MRT-, Röntgen- oder Ultraschallgeräte gibt es oft nicht", sagt Tamannai. Deshalb müsse man wieder lernen, sich auf sich selbst zu verlassen, richtig zu hören, zu fühlen und zu tasten. Von einheimischen Ärzten nehme sie zudem Wissen über Tropenkrankheiten mit.
Ein Leben auf gepackten Koffern
Dass sie bei der Arbeit immer wieder Neues lernt, gefällt ihr. Ein ganzes Leben im Ausland kann Tamannai sich dennoch nicht vorstellen. Berlin ist zu sehr geliebtes Zuhause.
Wenn sie in der Stadt ist, geht sie gerne mit ihrer Mutter auf dem Tempelhofer Feld spazieren. Zwischen den Auslandsaufenthalten versucht Tamannai, die Menschen, die ihr wichtig sind, so oft wie möglich zu sehen. Schließlich kann es sein, dass bald schon die nächste Anfrage kommt und sie wieder ihre Sachen packt. „Meine Freunde kennen solche Sätze wie ‚Übrigens, ich bin ab nächste Woche in Uganda‘ längst“, schmunzelt sie.
Der ständige Wechsel von Ankommen und Abreisen – er ist für die Ärztin ohne Grenzen unspektakulärer Alltag. „Mein Vater ist Pakistaner und ich habe schon früh zwei Kulturen kennengelernt“, sagt sie. Vielleicht sei sie deshalb flexibler, wenn es um Lebensgewohnheiten geht. Trotz aller Anpassungsfähigkeit – eines vermisst sie auf der ganzen Welt: deutsches Graubrot.
Wie Sie für Ärzte ohne Grenzen spenden können, erfahren Sie auf http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/spende.
Autor:Josephine Macfoy aus Schöneberg |
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