Hilfsverein flieht aus dem Sprengelkiez
Drogen, Gewalt und Einbrüche – Kinderhilfe ist nach Moabit umgezogen
Seit über 35 Jahren kümmert sich der Verein Kinderhilfe – Hilfe für krebs- und schwerkranke Kinder um betroffene Familien. Der Hilfsverein ist seit Monaten selbst ein Notfall – und hat jetzt den Sprengelkiez verlassen.
„Wir mussten über Drogenleichen steigen, um ins Büro zu kommen“, sagt Birgit Wetzig-Zalkind. Es sind gruselige Zustände, von denen die Kinderhilfe-Sprecherin berichtet. Junkies setzten sich im Hausflur des Wohnhauses an der Triftstraße 42 den Schuss; wer sie darauf ansprach, wurde bedroht, berichtet Wetzig-Zalkind. Im Erdgeschoss hatte der Kinderhilfe-Verein seit über zehn Jahren sein Büro. „Die Zustände sind immer schlimmer geworden“, begründet Birgit Wetzig-Zalkind die Flucht aus Wedding. Ehrenamtliche der Kinderhilfe seien angesprochen worden, ob sie Drogen kaufen möchten. „Wir hatten alle immer mehr Angst“, so die Sprecherin.
Der Drogenhandel vor der Haustür wurde aggressiver, genauso wie die Junkies im Hausflur. Birgit Wetzig-Zalkind berichtet von einem Vater, der in der Triftstraße 42 wohnt. „Er hatte die Drogensüchtigen gebeten, sich nicht vor seiner Wohnungstür die Nadel zu setzen, weil er mit seinen beiden kleinen Kindern raus wollte“, so Wetzig-Zalkind. Der Mann sei darauf hin mit Pflastersteinen und Ästen verprügelt worden. Alarmierte Polizisten konnten die Schläger zwar festnehmen, „aber nach ein paar Stunden waren die wieder da“, sagt Birgit Wetzig-Zalkind.
Drei Einbrüche seit November
Zu der Gewalt- und Drogenproblematik kamen zuletzt noch Einbrüche dazu. Dreimal wurde seit November in die Büros eingebrochen. Aus einem Stahlschrank wurden mehr als 1000 Euro geklaut; „eine Spende, die abends jemand gebracht hat und die wir am nächsten Tag einzahlen wollten“, sagt die Kinderhilfe-Sprecherin. Es wurden auch volle Spendenhäuschen, Tablets und Kameras gestohlen. „Beim letzten Einbruch waren die von schwerkranken Kindern gemalten Bilder für eine Auktion achtlos auf den Boden geworfen worden. So etwas zu sehen, tut schon weh“, so Birgit Wetzig-Zalkind.
Das Büro in der Triftstraße 42 in direkter Nähe zum Virchow-Klinikum war eigentlich perfekt. Gleich um die Ecke hat der Verein drei Elternwohnungen im Sprengelkiez. Doch der Kinderhilfe-Verein musste die Notbremse ziehen. Seit 10. April hat er seine Büros in der Turmstraße 32 in einem Ärztehaus. Das Gebäude in Moabit ist sicherer. Weil unten eine Commerzbankfiliale ist, gibt es zudem einen Sicherheitsdienst.
Der Kinderhilfe – Hilfe für krebs- und schwerkranke Kinder steht seit 35 Jahren Familien mit krebs- oder anders schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen zur Seite. Der Hilfsverein stellt Elternwohnungen in der Nähe der Kliniken zur Verfügung, organisiert Nachsorgeangebote, Elterntreffen und Beratungen für betroffene Eltern und Geschwister und unterstützt Betroffene aus einem Nothilfefonds. Der Verein finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Die Kinderhilfe ermöglichte den Aufbau einer Tagesklinik für krebskranke Kinder im damaligen Westberliner Virchow-Klinikum und fördert die Forschung auf dem Gebiet der pädiatrischen Onkologie. In Kontakt- und Beratungsstellen des Vereins in Berlin, Potsdam und Frankfurt/Oder werden außerdem Nachsorge, sozialrechtliche Beratung und vor allem ein Austausch mit anderen betroffenen Familien angeboten. Mit dem Nothilfefonds ist es möglich, Eltern unkompliziert in drei Elternwohnungen in der Nähe des Virchow-Klinikums unterzubringen. Seit März 2018 bietet die Kinderhilfe zudem einen ambulanten Kinderhospizdienst in Berlin und Brandenburg an. „Betroffen ist automatisch die ganze Familie, auch die Geschwisterkinder. Wir helfen dabei, in Kombination von Spaß und Bewegung soziale Kompetenzen für die Bewältigung des belastenden Alltags aufzubauen und neu zu entwickeln“, sagt der Vorsitzende Jürgen Schulz.
Wer den Verein unterstützen möchte: Kinderhilfe e.V., Berliner Sparkasse, IBAN: DE49 1005 0000 0780 0048 84, BIC: BELADEBEXXX. Alle Infos zum Kinderhilfe e.V. unter www.kinderhilfe-ev.de Das Büro in der Turmstraße 32 hat montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr geöffnet.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.