In der Weddinger Kinderfarm lernen Stadtkinder den Umgang mit Tieren
Wedding. Pony Resi hüpft über die Koppel der Weddinger Kinderfarm in der Luxemburger Straße 25. Das klingt eigentlich nicht bemerkenswert. Doch noch vor einem Jahr litt sie unter einer Erkrankung der Hufe, war übergewichtig und hat sich kaum bewegt.
Dr. Amanda Baker hilft seit gut einem Jahr als Tierphysiotherapeutin auf dem kleinen Bauernhof und ist sich sicher: „Die Ehrenamtlichen der Weddinger Kinderfarm haben dem Pony das Leben gerettet.“ Als die studierte Biologin die Tiere Anfang vergangenen Jahres untersuchte, empfand sie den Zustand „nicht ganz so, wie gewünscht“. Nachdem Tierarzt und Hufschmied die 15-jährige Resi behandelt hatten, war eins ganz wichtig: Bewegung. Und zwar täglich. „Ich bin so stolz. Fadil und Angie haben meine Empfehlungen von strenger Diät und Übungen konsequent durchgesetzt“, freut sich Baker auch als Pädagogin – sie unterrichtet Biologie und Englisch an der Europaschule. „Resi kann jetzt galoppieren. Der Tierarzt ist begeistert“, berichtet sie weiter.
Ponypfleger mit acht
Für Fadil Nezirevic und seine Kollegin Angelina Weck war das eine Selbstverständlichkeit. Als sogenanntes Stammkind hat Fadil Nezirevic von 2000 bis 2010 die Weddinger Kinderfarm besucht und seine Ausbildung in der Tierpflege gemacht. Zunächst musste er sich ein halbes Jahr um die Hühner kümmern, was ihm nicht so gefiel. Doch: „Mit acht Jahren war ich dann endlich Ponypfleger.“
Das Angebot der Weddinger Kinderfarm richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 14 Jahren. Derzeit besuchen 33 Stammkinder die Einrichtung. Das heißt, sie kommen mindestens zweimal in der Woche und lernen Futterwirtschaft und Tierpflege. Dabei gehe es nicht nur darum, seine Freizeit sinnvoll zu gestalten, sondern auch um Verantwortung, sagt der Leiter der Einrichtung, der Diplom-Sozialpädagoge Siegfried Kühbauer. Das kann Fadil Nezirevic nur bestätigen: „Ich habe damals gelernt, im Team zu arbeiten und zum Beispiel meine Meinung zu äußern, ohne jemanden zu verletzen.“ Kühbauer nickt und ergänzt: „Es geht auch um Integration und Inklusion auf spielerische Weise.“ Viele verschiedene Kulturen treffen hier aufeinander.
Tierpflege und kreative Mitmach-Angebote
Die Farm entstand 1982 durch eine private Initiative. Ein Jahr später wurde der gemeinnützige Verein Weddinger Kinderfarm gegründet und etablierte sich als Jugendhilfeangebot im sozialen Brennpunkt „Sprengelkiez“. Kühbauer ist seit 1988 dabei. Auch heute gibt es neben Ponys, Ziegen, Schafen, Hühnern, Gänsen, Meerschweinchen und Schweinen noch mehr zu erleben: Kinderzirkus, kreatives Handwerk, Pflanzenzucht sowie Ball- und Bewegungsspiele und vieles mehr. Manchmal kochen die Kinder und Jugendlichen mittags gemeinsam.
Auf der Kippe
Für Fadil Nezirevic ist die Einrichtung zu einer zweiten Familie geworden: „Deshalb habe ich mich auch letztes Jahr dazu entschlossen, meine Ausbildung zum Sozialassistenten zu unterbrechen, um den Verein zu unterstützen.“ Damit spielt Fadil Nezirevic auf den seit Jahren herrschenden Konflikt zwischen der Weddinger Kinderfarm und dem Bezirksamt Mitte an. Das Bezirksamt hatte den Vertrag mit dem Verein Weddinger Kinderfarm im März 2015 nicht verlängert. Im September entschied der Jugendhilfeausschuss dann über einen neuen Träger. Inzwischen hat der Bezirk eine Räumungsklage eingereicht, gegen die der Verein Berufung einlegte. „Wir geben nicht auf und kämpfen für die Weddinger Kinderfarm“, sagt Kühbauer. bist
Autor:Bianca Strasser aus Tegel |
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