Neue Nazarethkirche zeigt wieder die Zeit an
In den vergangenen Jahrzehnten ging die Uhr so gut wie nie. "Als ich vor 22 Jahren nach Berlin kam, war sie jedenfalls schon kaputt", sagt Klaus Schneider, Verwalter, Hausmeister und Ehemann der Pfarrerin. Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Gottes, die das Gotteshaus seit 1991 nutzt, kratzte schließlich Geld zusammen und ließ die Uhr im Jahr 2008 reparieren. Das passte jedoch nicht jedem. Ein Anwohner beschwerte sich über die halbstündigen Glockenschläge. Klaus Schneider, ausgebildeter Bauingenieur, fand eine Lösung: Er kaufte einen starken Magneten und setzte ihn ab 22 Uhr unter Strom, so dass der Hammer, der die Glocke zum Klingen brachte, in den Nachtstunden am Magneten kleben blieb. Doch dann fiel nach einigen Monaten das alte Pendel, der eigentliche Antrieb der Uhr, ab. Der Befund: Der Befestigungshaken war durchgerostet.
Weil es wiederum an Geld fehlte, tat sich lange Zeit nichts. Doch dann spendete ein weibliches Gemeindemitglied 1000 Euro für eine erneute Reparatur. Sie tat es im Andenken an ihren verstorbenen Vater, der Physiker und ein Mann der Präzision war.
Jetzt versieht die Turmuhr ihren Dienst exakter denn je. Möglich macht es ein neues Herz, ein Uhrwerk, das mithilfe eines Funksystems läuft. Es stellt nicht nur automatisch Sommer- und Winterzeit ein, sondern lässt auch den Minutenzeiger auf die Sekunde genau weiterrücken.
Zur großen Freude von Klaus Schneider; er muss nicht wie früher immer wieder die 157 Stufen erklimmen, um das Pendel einzustellen. Denn die Metallscheibe an dessen Ende dehnte sich bei Hitze aus und zog sich bei Kälte zusammen. "Alle zwei Wochen kam es so zu ein paar Minuten Zeitabweichung, und ich musste die Scheibe nach oben oder nach unten justieren", erzählt Schneider.
Diese Zeiten sind vorbei. Wunschlos glücklich ist der Kirchenverwalter trotzdem nicht. Er ist mit der Firma, die das Funkwerk installiert hat, im Gespräch darüber, einen Glockenton einzubauen - mit Nachtschweigegebot. Aber es gibt noch eine größere Sorge: Es regnet an drei Stellen durch. Rund 430 000 Euro würde ein neues Schieferdach kosten, hat Schneider errechnet. Falls das Denkmalamt ein Biberschwanzdach zulasse, würde die Hälfte reichen. Woher man das Geld nehmen könnte, weiß die Gemeinde allerdings nicht.
Am 4.September wird die neue Funkuhr groß gefeiert, ganz Wedding ist ab 20 Uhr bei freiem Eintritt eingeladen. Zu Gast wird der Pianist Andreas Wolter sein.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.