Freibäder vorerst auf dem Trockenen
Wie im zurückliegenden Corona-Jahr rechnen die Betreiber mit einer späteren Saisoneröffnung
Auch zum Start der diesjährigen Saison bleiben die 14 Freibäder der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) und die zehn verpachteten Strandbäder vorerst geschlossen. Den Betreibern steht das Wasser bis zum Hals.
Michel Verhoeven sitzt auf dem Steg und zeigt auf das gegenüberliegende Ufer des Plötzensees. „Die Leute gehen da ins Wasser und machen die Brutstätte der Schwäne kaputt“, sagt der Holländer, der 2019 das idyllische Strandbad Plötzensee mit den denkmalgeschützten Gebäuden und dem Park von den Bäderbetrieben gepachtet und seitdem zu einer Attraktion entwickelt hat. Wie schon im vergangenen Jahr darf Verhoeven vorerst nicht öffnen. Die Corona-Verordnung des Senats verbietet den Betrieb von Freibädern. Doch die Leute wollen trotzdem schwimmen und springen dann wie am Plötzensee eben illegal ins Wasser. Um das Naturufer zu schützen, herrscht Badeverbot auf der gegenüberliegenden Seite des Plötzensees. Ein Polizeiwagen fährt an diesem Nachmittag langsam an den Nackedeis vorbei. Doch anhalten wird er nicht.
Michel Verhoeven könnte sein Strandbad sofort öffnen. Dutzende Mitarbeiter wollen endlich Geld verdienen. Die Hygienekonzepte aus dem vergangenen Corona-Jahr stehen und haben sich bewährt. Bei knapp 60.000 Besuchern gab es nicht einen einzigen Corona-Fall unter den Strandgästen und Mitarbeitern. Das Team der Betreiberfirma Nordufer Event hatte täglich bis zu 15 Sicherheitsleute beschäftigt. Die Corona-Ranger, wie sie intern genannt werden, achten auf Abstände und ermahnen Gäste, die keine Maske in bestimmten Bereichen tragen. 60 Prozent mehr Personalkosten hatten die Strandbadpächter zu stemmen, sagt Florian Menke von der Crew. „Die Sicherheit ist uns sehr wichtig“, so Menke. Obwohl die Betreiber wegen der Corona-Mehrkosten einen sechsstelligen Minusbetrag erwirtschaftet haben, wollen sie durchhalten. Irgendwann muss Corona mal vorbei sein, hoffen sie. Über eine halbe Million Euro hat die Firma bereits in die Sanierung des Naturbads gesteckt.
Soziale Folgen des Freibadverbots
Florian Menke warnt auch vor den sozialen Folgen der Freibadverbote. „Die Leute brauchen auch ein Ventil, sie wollen raus“, sagt er. Er befürchtet, dass immer mehr Leute illegal ins Wasser springen und die Ufer zertrampeln. Im Strandbad hat Michel Verhoeven überall Rettungsschwimmer platziert. An illegalen Badestellen gibt es die nicht. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat erst im März darauf hingewiesen. Im vergangenen Jahr sind in Berlin elf Menschen ertrunken. 2019 waren es nur zwei. Ein Grund für den Anstieg tödlicher Badeunfälle sind laut DLRG auch die Corona-Verbote. Weil Bäder 2020 strenge Zugangsregeln und reduzierten Besuchereinlass hatten, sind die Leute vermehrt in Flüssen oder Seen baden gegangen. Solche Orte sind gefährlicher, weil es dort nicht wie in den Bädern und an bewachten Badestellen Rettungsschwimmer gibt. Allein im August 2020 starben in Berlin vier Menschen bei Badeunfällen. Einer ertrank auch im Plötzensee. Er war von der illegalen Uferseite gegenüber vom bewachten Strand ins Wasser gegangen.
Neben den anderen privaten Pächtern der BBB-Bäder wie in Lübars, Grünau oder Orankesee hängen auch die Bäder-Betriebe mit ihren Anlagen in der Warteschleife. Die Vorbereitungen in den BBB-Sommerbädern wie Humboldthain, Prinzenbad oder Monbijou laufen „mit gedrosseltem Tempo“, sagt BBB-Sprecher Matthias Oloew. Die finalen Wasserproben könnten erst genommen werden, wenn es ein Öffnungsszenario gibt. Oloew glaubt jedoch nicht, dass die Bäder so schnell geöffnet werden, denn im vergangenen April waren die Infektionszahlen viel geringer. Weil die 14 Freibäder dicht sind, wurde jeder dritte BBB-Angestellte in Kurzarbeit geschickt. Etwa 40 bereits im Februar angeheuerte Saisonkräfte – vom Rettungsschwimmer bis zum Kassierer – warten derzeit zu Hause auf den Anruf, dass es endlich losgeht.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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