Nur fünf Sekunden Grün
Berliner melden ihre persönlichen Horror-Ampeln
Zu kurze Grünphase, riskantes Abbiegen: Horror-Ampeln sind ein Ärgernis. Jungpolitiker Ario Mirzaie (Grüne) hat darum für die Berliner ein Beschwerdeportal geschaltet. Über 100 Meldungen sind bereits eingegangen – aus Mitte, Wilmersdorf, Schöneberg, Friedrichshain und Kreuzberg.
Kreuzung Müllerstraße Ecke Seestraße: Ario Mirzaie wagt den Selbstversuch. Die Fußgängerampel zeigt Grün. Obwohl er sportlich ist, schafft es der junge Mann gerade so zur Mittelinsel. Hinter ihm hetzt eine Frau mit Kinderwagen. Der ältere Herr am Rollator ist noch nicht rüber. „Fünf Sekunden, nur fünf Sekunden haben die Leute Zeit. Dann schaltet die Ampel wieder auf Rot.“ Ario Mirzaie steht auf der Mittelinsel. Neben ihm drängeln sich Männer, Frauen und Kinder. Einige haben Fahrräder dabei, andere schleppen schwer an ihren Einkaufstüten. Motoren heulen, Lkw-Räder kommen dem Bordstein gefährlich nah. Es stinkt nach Abgasen.
Kreuzung Müllerstraße und Seestraße oft genannt
Die Kreuzung Müllerstraße und Seestraße in Wedding ist eine der vielen Horror-Ampeln Berlins. Und mit die häufigste, die Ario Mirzaie bisher gemeldet wurden. Mit „Horror-Ampeln“ meint der grüne Jungpolitiker Ampeln an großen Straßen, mit viel zu kurzen Grünphasen oder solche, wo abbiegende Autos Fußgänger regelmäßig in Gefahr bringen. „Wo genau sie überall sind, das will ich von den Berlinern wissen.“ Mirzaie hat darum auf www.horrorampeln.de ein Beschwerdeportal eingerichtet. Mehr als 100 Ampeln stehen da schon drin. Die an der Seestraße in Höhe Plötzensee zum Beispiel, kurz vor der Stadtautobahn. Oder in Alt-Moabit Ecke Stromstraße und Ecke Turmstraße. An der Friedrichstraße und Wilhelmstraße in Mitte oder an der Ecke Petersburger und Frankfurter Tor in Friedrichshain. Kreuzberger ärgern sich zum Beispiel über die Ampelkreuzung Großbeerenstraße Ecke Friedensstraße oder über die an der Heinrich-Heine-Straße und Köpenicker Straße. In Wilmersdorf ist es Bundesallee Ecke Hohenzollerndamm. Auch aus Schöneberg hat sich eine Frau gemeldet. „Horror-Ampel Nummer 1 befindet sich an der Martin-Luther-Straße/Ecke Badensche Straße“, schreibt sie. Obwohl sie eine schnelle Fußgängerin sei, erreiche sie die Mittelinsel dort fast immer bei Rot. Ihre persönliche Horror-Ampel Nummer 2 liegt hundert Meter weiter nördlich an der Martin-Luther-Straße Ecke Wartburgstraße: „Dort wartet man als Fußgänger sehr lange darauf, dass die Ampel auf Grün schaltet. Auf der Fußgängerinsel muss man dann erneut den Knopf drücken und warten. Somit braucht man sehr lange, um die Straße zu überqueren.“
Bis 26. September noch mitmachen
Bis zum Wahltag am 26. September will Mirzaie die Horror-Ampeln „sammeln“. Vielleicht auch länger. „Danach werde ich sie aufgeteilt nach Bezirken veröffentlichen und an die Bezirksämter und die Senatsverkehrsverwaltung schicken“, kündigt der 35-Jährige an. Damit endlich Schluss ist mit dem Horror und der Angst vieler Fußgänger. Denn seine Hoffnung ist, dass solche Kreuzungen fußgängerfreundlich umgebaut werden. Mit mehr Mittelinseln, vorgestreckten Gehwegen, abgesenkten Bordsteinen und einer optimaleren Verkehrsführung. Schließlich habe Berlin im vergangenen Jahr das erste Fußverkehrsgesetz Deutschlands auf den Weg gebracht, sagt Mirzaie. „Das läutet eine echte Verkehrswende ein, weg vom Auto, hin zu mehr Sicherheit und Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger.“ Vor allem die Fußgänger seien von der Politik viel zu lange ignoriert worden.
Tempo 30 auf der Seestraße?
Sollte er ins Abgeordnetenhaus schaffen – Ario Mirzaie ist Direktkandidat der Grünen in Wedding –, nimmt er die Thematik mit. Erwähnt wissen will er das aber nur am Rande. Für Wahlkampfzwecke ist ihm das Thema zu wichtig. „Ich rege mich ja selbst über solche Ampeln auf“, sagt er. Die Müllerstraße Ecke Seestraße ist auch seine persönliche Horror-Ampel. Was er an der Kreuzung ändern würde? „Tempo 30 auf der Seestraße zum Beispiel.“ Damit es dort etwas ruhiger wird. „Und natürlich würde ich die Grünphase der Fußgängerampel verlängern.“ Damit es alle stressfrei über die Straße schaffen. Schulkinder, Senioren, Menschen mit Handicap und Familien.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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