Berlins traurigstes Denkmal
Einst war das Kinderkrankenhaus der Stolz der Weißenseer Stadtväter

Der einstige Stolz Weißensees: das Säuglings- und Kinderkrankenhaus bei der Eröffnung 1911. | Foto: Sammlung des Vereins Heimatfreunde Weißensee
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  • Der einstige Stolz Weißensees: das Säuglings- und Kinderkrankenhaus bei der Eröffnung 1911.
  • Foto: Sammlung des Vereins Heimatfreunde Weißensee
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Es war einmal ein imposantes Bauwerk: Heute gleicht das ehemalige Säuglings- und Kinderkrankenhaus in der Hansastraße 178/180 eher einer Ruine. Und das, obwohl es unter Denkmalschutz steht.

Fensterscheiben sind zerborsten, der Putz bröckelt, die Dächer sind undicht, die Natur holt sich das Areal langsam zurück. Und niemand weiß, wie die Zukunft des einst stolzen Klinikbaus aussieht. Inzwischen ist das Gelände zwar besser als in den vergangenen zehn Jahren gesichert, aber das Gemäuer verfällt weiter.

Dabei war dieses Krankenhaus einst eine der fortschrittlichsten medizinischen Einrichtungen im Land. Weil es Anfang des 20. Jahrhunderts eine hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit gab, fürchteten Städte und Gemeinden einen rapiden Rückgang bei den Kleinkinderzahlen. Die Weißenseer Gemeindeväter entschieden, das erste kommunal geführte Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens zu bauen. An der Finanzierung beteiligte sich der Landkreis Niederbarnim, zu dem Weißensee seinerzeit gehörte. Entworfen wurde das Krankenhaus vom Gemeindebaurat Carl James Bühring im Jahre 1909. Er konzipierte ein mehrteiliges Gebäudeensemble.

In diesem konnten anfangs bis zu 40 Säuglinge und Kleinkinder behandelt werden. Neben einer chirurgischen Abteilung gab es Abteilungen, in denen HNO- sowie Hautkrankheiten behandelt wurden. Die Klinik hatte sogar einen eigenen Kuhstall mit 36 Kühen und angeschlossener Molkerei zur Versorgung der Kinder mit Milch. Eingeweiht wurde das Krankenhaus 1911.

Für Schwestern in Ausbildung ließ die Gemeinde einen Hörsaal errichten. In diesem fanden auch öffentliche Vorträge zur Säuglingspflege statt. Die Anzahl der Betten wurde schrittweise auf 100 erhöht. Über Jahrzehnte war das Krankenhaus eine Institution in Weißensee. Doch dann kam das Jahr 1997. Der Senat entschied, aus Kostengründen und bei rückläufiger Bevölkerungszahl das Krankenhaus zu schließen.

Und damit begann der Abstieg des Areals, den viele Weißenseer mit Kopfschütteln und Unverständnis seit Jahrzehnten mit ansehen. Denn nach vielen Jahren des Leerstandes und des Vandalismus erwarb die MWZ Bio-Resonanz GmbH die Immobilie vom Land und verpflichtete sich vertraglich zu Investitionen in Höhe von zehn Millionen Euro. Doch nach Abschluss des Kaufvertrages tat sich nichts. Die erhoffte Rettung des Denkmals blieb aus und das Land Berlin bemüht sich nun schon seit Jahren, das Ensemble zurückzuerhalten.

Doch die Sache gestaltet sich schwierig. Für die MWZ wurde vor knapp zwei Jahren ein Insolvenzverfahren eröffnet. Und der eingesetzte Insolvenzverwalter sieht das Grundstück an der Hansastraße als einen wesentlichen Vermögensgegenstand der MWZ an. Deshalb solle das Grundstück an einen Investor verkauft werden. Der Erlös wäre dann wohl an die Gläubiger der MWZ auszuzahlen. Doch da will das Land Berlin nicht mitmachen. Es dringt auf Herausgabe des Grundstücks. Derzeit läuft ein Klageverfahren auf Rückgabe und lastenfreie Rückübertragung der Immobilie an das Land Berlin. Noch stehe eine Entscheidung in zweiter Instanz aus, bestätigt Christian Breitkreutz, der Pressesprecher der Berliner Immobilien GmbH (BIM) auf Anfrage. Und inzwischen verfällt das Krankenhausareal, der einstige Stolz Weißensees, weiter.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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