Wohnen am und im Bethanienturm
Im Sommer beginnen die Bauarbeiten an der denkmalgeschützten Ruine
Seit bald zwanzig Jahren engagiert sich Professor Bernd Bötzel für eine denkmalgerechte Sanierung des Bethanienturms. Im Laufe dieser Jahre entwickelte er die Idee, den Turm mit einem Wohnungsbauvorhaben zu verbinden.
Für den Sommer dieses Jahres ist nun geplant, mit der Umsetzung des Vorhabens zu beginnen. Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) informierte auf der vergangenen digitalen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung, dass es einen Verkaufsvorgang für das Grundstück gebe, auf dem der Bethanienturm steht. Weil dieses Grundstück in zentraler Lage im Untersuchungsgebiet Langhansstraße liege, prüfe das Bezirksamt, ob der Bezirk ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen hat. Der Bürgermeister deutet aber an, dass das wohl nicht der Fall sein wird. Denn immerhin steht dort eine denkmalgeschützte Ruine. Und es sind erhebliche finanzielle Mittel zu investieren, um das Denkmal zu sanieren und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde neu zu bauen.
Der erhebliche finanzielle Aufwand ist auch einer der Gründe, warum das Sanierungs- und Bauprojekt eine so lange Vorgeschichte hat. Denn bereits am 22. Oktober 2001 hielt Professor Bernd Bötzel einen ersten Vortrag an der Universität Wuppertal zu seinen Projektideen zur Erhaltung des denkmalgeschützten Bethanienturms. Dieser ist der Rest der Bethanienkirche, die einst auf dem Mirbachplatz stand. Gebaut wurde sie ab 1900 nach Plänen von Ludwig von Tiedeman und Regierungsbaumeister Robert Leibnitz.
Durch Luftmine stark beschädigt
Die Architekten konzipierten ein Bauwerk in neugotischem Stil. Anlässlich des Richtfestes wurde der Platz nach Ernst Freiherr von Mirbach benannt, Oberhofmarschall der Kaiserin Auguste Victoria. Außerdem war er Mitglied des General-Synodalrates der evangelischen Kirche. Dieser ließ mit Unterstützung der Kaiserin mehr als 300 Kirchen neu bauen. Er unterstützte auch die Finanzierung des Baus der Bethanienkirche. Eingeweiht wurde das Gotteshaus 1902 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und seiner Frau Auguste Victoria. Benannt wurde die Kirche dann auf Wunsch der Kaiserin nach dem biblischen Ort Bethanien.
Am 26. Februar 1945 wurde das Kirchenschiff durch eine Luftmine stark beschädigt. Zehn Jahre später wurde es abgerissen. Nur der weithin sichtbare Kirchturm erinnert seitdem an das sakrale Bauwerk. Für die Gemeinde war er über all die Jahre weiterhin Glockenturm. Denn die drei Glocken sind weiterhin zu nutzen.
Seit Bötzel seine ersten Ideen zur Erhaltung und Sanierung des Bethanienturms entwickelt hatte, blieb er an diesem Projekt dran, auch wenn es sich inzwischen über zwei Jahrzehnte hinzieht. Im Gespräch mit der Berliner Woche nannte er zwei Beweggründe dafür. Da sei die Verbundenheit zu Weißensee. „Ich wohnte mehrere Jahre ganz in der Nähe des Bethanienturms, in der Charlottenburger Straße“, sagt er. „Vor allem reizt es mich aber als Architekt, solch ein anspruchsvolles Projekt umzusetzen.“
Drei Wohnungen bis zur Glockenebene
2004 schloss der Architekt zunächst mit der evangelischen Gemeinde Weißensee einen Vertrag ab, eine Planung auf eigenes Risiko zu entwickeln. Außerdem begann er, Interessenten zu suchen, die das Projekt umsetzen. Im Jahr 2007 entschloss er sich dann, den Bethanienturm zu kaufen. Die Suche nach Partnern, die das Projekt umsetzen, lief all die Jahre weiter. Professor Bötzel feilte, trotz mancher Rückschläge, stetig weiter am Projekt. 2018 war es dann so weit vorangeschritten und mit der Unteren Denkmalpflege im Bezirk vorabgestimmt, dass er einen Bauantrag stellen konnte. Dieser wurde im Mai 2020 genehmigt.
Geplant ist nun, dass der Bethanienturm denkmalgerecht saniert wird. Wo früher das Kirchenschiff stand, ist Wohnungsneubau vorgesehen. Im Neubau sollen 14 Wohnungen entstehen, berichtet Bötzel. In den Turm ist indes der Einbau von drei weiteren Wohnungen geplant. Ausgebaut wird der Turm bis unter die Glockenebene. Die Glocken selbst bleiben erhalten und werden weiter läuten.
Weiterhin seien 13 Pkw-Stellplätze, ein E-Bikeraum sowie ein Fahrrad- und Kinderwagenraum in einer Tiefgarage geplant. Diese wird über einen Autoaufzug erschlossen. Auf Anfrage bestätigt Professor Bötzel, dass er das gesamte Projekt am 15. Januar dieses Jahres an einen „engagierten Berliner verkaufte, der es realisieren und mit seiner Familie in eine Turmwohnung einziehen möchte“. Näheres werde später noch zu erfahren sein.
Derzeit stehen auf dem Grundstück in Zwischennutzung mit Genehmigung des Eigentümers sogenannte Tiny Houses. Für diese ist bis zum Baubeginn ein anderer Standort zu finden. Wegen des Sommerrodungsverbots seit dem 28. Februar sind auf dem Grundstück aber bereits die Bäume gefällt worden, die dem Bauvorhaben im Wege standen. Für sie sollen nach Abschluss der Bauarbeiten Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. Voraussichtlich im August werden die Bauarbeiten beginnen, so Professor Bötzel. Er werde das Projekt natürlich weiter beratend begleiten. Geplant ist, die Bauarbeiten im zweiten Quartal 2023 zu beenden.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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