Wohnungsbauvorhaben auf dem Pistoriusplatz empört Anwohner
Weißensee. Seit März ist der südliche Teil des Pistoriusplatzes eine Baustelle. Eine Baugruppe will dort 46 Wohnungen errichten. Die Anwohner sind sauer und meinen, nie richtig informiert worden zu sein.
Kurz nachdem im März der Bauzaun aufgestellt war, machten Anwohner ihrem Unmut Luft. Ein Trauerkranz in Herzform wurde angebracht. Nachrufe auf den Pistoriusplatz klebten daneben. Die Baugruppe versuchte ihrerseits zu informieren. Sie führte Gespräche mit Anwohnern. Faltblätter wurden in Nachbarhäusern verteilt.
Doch der Unmut bei vielen Anwohnern blieb. Einige trauern den weggefallenen Parkplätzen nach, andere der großen Freifläche und der Möglichkeit, diese in eine Grünanlage umzuwandeln. Außerdem gefällt etlichen Nachbarn die Architektur des Neubaus nicht. Sie passe einfach nicht in diesen historischen Teil von Weißensee.
Bürgerversammlung im Frei-Zeit-Haus
Solche Einschätzungen und Beschwerden bekam auch die Abgeordnete Dr. Clara West (SPD) bei ihrer mobilen Bürgersprechstunde zu hören. Sie organisierte kurzerhand das, was bisher weder Bezirkspolitik und Verwaltung noch die Baugruppe für nötig hielten. Sie lud zu einer Bürgerversammlung ins Frei-Zeit-Haus ein. Sowohl Anwohner als auch Mitglieder der Baugruppe folgten der Einladung.
Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen) und Clara West warfen vor den etwa 50 Teilnehmern zunächst einen Blick in die verworrene Geschichte des Bauprojekts. Das damalige Bezirksamt Weißensee verkaufte 1997 den südlichen Pistoriusplatz an einen privaten Investor. Der wollte Wohnungen und Gewerberäume sowie eine Tiefgarage bauen. Warum diese städtische Fläche seinerzeit überhaupt verkauft wurde, lasse sich heute anhand von Unterlagen nicht mehr rekonstruieren, berichten Kirchner und West. „Auch Gespräche mit damaligen Zeitzeugen brachten keinerlei Erhellung“, so die Abgeordnete.
Verfahren ohne BVV fortgesetzt
Fakt ist aber: Der Investor begann trotz Baugenehmigung nie mit dem Bauen. „Stattdessen wurde sieben Mal eine Verlängerung der Baugenehmigung beantragt“, so der Stadtrat. Der Investor verkaufte 2012 schließlich das Grundstück an die Baugruppe. In einem Werkstattverfahren sollte deren Wohnbebauung entwickelt und abgestimmt werden. Doch dieses Verfahren lief nie so richtig an. „Es zeigte sich, dass es in der BVV keine Mehrheit für das Bauprojekt geben würde“, sagt Roland Schröder (SPD), der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses der BVV. „Die Verwaltung setzte das Verfahren ohne uns fort.“
Danach wurde sogar das Berliner Baukollegium in die Planung einbezogen. Dass das Ergebnis letztlich ein sehr moderner Neubau sei, der sich von der Umgebung abhebe, habe durchaus Gründe, meint Martin Fiebig, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Baugruppe. „Architekturfachleute sehen diesen Neubau als Solitär, der sich ganz bewusst nicht an der Klinkerfassaden der Umgebung orientieren soll. Sie wollten keine historisierende Architektur.“
Auf der Versammlung wurde deutlich, dass viele Anwohner weiter gegen das Bauprojekt sind. Gerhard Weise erklärte zum Beispiel, dass von 330 Parkplätzen auf dem Pistoriusplatz nur 164 übrig blieben. Das sei zu wenig, wenn man sich die Verkehrs- und Parkprobleme in Weißensee anschaut. Andere Anwohner fürchten, dass nach dem Bau der Eigentumswohnungen die Mieten in der Umgebung steigen könnten. Unverständnis gibt es auch, wie so ein Neubau mit dem Denkmalschutz im Kiez vereinbar ist.
Erstaunt über Ablehnung
Mitglieder der Baugruppe zeigen sich indes erstaunt über die Welle der Ablehnung. Henning Götz von der Baugruppe sagt, dass ihm alle Fragen im Vorfeld geklärt schienen. „Dass diese Lage noch nicht fertig diskutiert ist, hatten die meisten von uns nicht geahnt.“ Ein Zurück gibt es nicht mehr. Nach Erteilung der Baugenehmigung an die Baugruppe wird diese nun ihr Projekt auch durchziehen. Fertigstellung soll im Herbst 2017 sein. BW
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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