Theater laufend erkunden
Nils Foerster entwickelte einen Audiowalk für die Brotfabrik-Bühne
„Theater geht“ ist der zweideutige Titel der neuesten Inszenierung der Bühne der Brotfabrik am Caligariplatz.
Für diese nehmen die Zuschauer allerdings nicht im Theatersaal des Hauses Platz. Sie sehen keine Schauspieler auf der Bühne. Und zu erleben ist diese Inszenierung jeweils nur für eine Person. Denn bei „Theater geht“ handelt es sich um einen knapp zweistündigen kurzweiligen und sehr informativen Audiowalk durch das Kulturzentrum Brotfabrik und sein Theater.
Die Idee dazu hatte der Leiter der Brotfabrik-Bühne Nils Foerster. Seit der Senat am 13. März den Berliner Theatern wegen der Corona-Pandemie eine Zwangspause verordnete, können keine Zuschauer in das Haus am Caligariplatz mehr eingelassen werden. Dabei hatte die Theatertruppe „Die Improvisionäre“ für den nächsten Tag noch einen Aufführungstermin. Die Schauspieler entschlossen sich, trotzdem vor leeren Zuschauerreihen, allerdings vor einer Kamera, zu spielen. „Und so konnten wir bereits, vielleicht sogar als erstes Theater in der Stadt nach dem Shutdown, einen Theater-Livestream im Internet präsentieren“, sagt Nils Foerster. Doch live streamen war und ist nicht bei allen Vorstellungen möglich. So mussten viele abgesagt werden.
Neben dem Improvisationstheater hat sich inzwischen auch die Veranstaltungsreihe „Kneipenabend“ als konstantes und gern gesehenes Format herauskristallisiert. Auf der Brotfabrik-Bühne sitzen sich dabei Bühnentechniker und Punk-Musiker Rio und sein Kumpel Sünie gegenüber. Sie reden beim Bier angeregt über alle möglichen Themen. Und Nils Foerster ruft moderierend an den jeweiligen Abenden die Zuschauer zu einer Challange auf.
Blick hinter die Kulissen der Brotfabrik
Doch mit Streaming allein wollte sich der Theatermacher nicht zufrieden geben. Es stimmte ihn nachdenklich, dass mit Beginn der ersten Lockerungen nach dem Shutdown zuerst wieder die Shopping-Center öffnen durften. Die kleineren Läden in den Centern sollten kreative Ideen entwickeln, wie sie die Hygienebestimmungen in ihren Geschäften einhalten können. „Mich erstaunte, dass man uns als Theatermacher nicht ebensolche Kreativität zutraut. Denn eigentlich gelten wir Künstler doch als die Kreativen“, sagt er.
Nils Foerster hoffte, dass es zumindest Mitte April oder im Mai vom Senat grünes Licht für die Theater geben würde. Schließlich durften ja auch die Kneipen, dann die Galerien und schließlich die Kinos unter Auflagen wieder eröffnen. Doch der Senat entschied, dass die Theater bis zum 31. Juli geschlossen bleiben müssen. „Ich hätte mich hinsetzen und in Briefen den Verantwortlichen meine Meinung zu diesem Vorgehen schreiben können. Doch das hätte wohl nichts gebracht“, sagt Foerster. „Mein Job ist es, Theater zu machen. Und so überlegte ich mir: Wie muss es für Zuschauer sein, wenn sie eine leere Bühne besuchen? Wäre für sie nicht ein Blick hinter die Kulissen der Brotfabrik und vor allem der Bühne interessant? Wenn Spielbetrieb ist, haben sie dazu normalerweise keine Möglichkeit.“
108 Minuten voller Überraschungsmomente
Aus dieser Inspiration heraus entwickelte Nils Foerster ein Hörspiel. Das beginnt im Innenhof der Brotfabrik, führt über mehrere Station, geleitet den jeweiligen Besucher auf die Bühne, in den Backstage-Bereich und nach 108 Minuten wieder auf den Caligariplatz. Komprimiert auf knapp zwei Stunden lernt der Besucher Mitarbeiter der Brotfabrik und deren Angebote kennen. Er erfährt mehr über die Theatergeschichte. Schauspieler, Autoren, Regisseure geben kleine Interviews. Sogar Pfarrerinnen aus Weißenseer kommen zu Wort. Und wer Lust dazu hat, kann sich an einer Station des Audiowalks völlig unbeobachtet selbst einmal einen Moment auf der Bühne als Schauspieler oder Tänzer versuchen. Mehr sei zum Projekt „Theater geht“ nicht verraten. Denn diese Inszenierung lebt auch durch ihre Überraschungsmomente.
Dieses Projekt wird noch mindestens bis Ende Juli zu erleben sein. Weil immer nur eine Person den Audiowalk nutzen kann, sind Termine auf https://bwurl.de/157y zu buchen. Weitere Informationen gibt es bei Nils Foerster unter der Telefonnummer 0177 430 61 51.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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