Schnurre wuchs im Ortsteil auf, doch den Schriftsteller kennen hier nur wenige
Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts trägt die Bibliothek des Ortsteils seinen Namen: Wolfdietrich Schnurre. Wer war dieser Mann? Und warum wurde eine Bibliothek nach ihm benannt? Das fragt sich mancher, der die Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek an der Bizetstraße 41 besucht.
Egon Erwin Kisch und Prag, Adalbert Stifter und der Böhmerwald, Erwin Strittmatter und das Land der Sorben – die Landschaften ihrer Kindheit ließen diese Autoren nie los. Sie bestimmten in besonderem Maße das, was sie in ihren Werken beschrieben. Nicht anders war es bei Wolfdietrich Schnurre, der als Kind nach Weißensee kam und hier bis 1946 wohnte.
Seine Erlebnisse aus den Weißenseer Jahren, die Erinnerungen an Schule und die Spiele der Jungen aus dem damaligen Französischen Viertel (heute Komponistenviertel) sollten immer wieder Gegenstand seiner Geschichten werden. Dennoch ist der Autor in seinem Heimat-Ortsteil bis heute nur wenig bekannt.
Schnurre wurde 1920 in Frankfurt am Main geboren und kam gemeinsam mit seinem Vater nach Weißensee. Der promovierte Bibliothekar und ehrenamtlich aktive Naturfreund, hatte nach der Scheidung von seiner Frau in Berlin eine neue Arbeit gefunden. Vater Schnurre gelang es mit seinem ehrenamtlichen Engagement übrigens, dass das Gebiet am Faulen See seinerzeit erstes Naturschutzgebiet Berlins wurde.
Wolfdietrich Schnurre besuchte die Weltliche Schule, die sich zuerst unmittelbar neben dem Wohnhaus der Familie in der heutigen Smetanastraße befand. Der Junge fand im Kiez schnell Freunde und nahm an deren „Schlachten“ um die Vorherrschaft in der Sedan- (heute Bizetstraße) und Straßburgstraße (heute Meyerbeerstraße) teil. Er streunte durch den Park am Weißen See und beobachtete das Geschehen rund um die Berliner Allee. Das Leben des Heranwachsenden wurde stark von der ihn umgebenden Stadt und den Charakteren rings um ihn herum geprägt. Viele seiner Eindrücke finden sich in seinen späteren Werken wieder.
Nach dem Krieg zog er in den Westteil der Stadt. Dort schrieb er zunächst für Zeitungen, seit 1950 war er freier Schriftsteller. Seine Werke, wie „Als Vaters Bart noch rot war“ oder „Freundschaft mit Adam“ wurden, obwohl sie stark von Weißensee geprägt waren, in der DDR nicht verlegt. Bekannt ist nur die Lizenzausgabe des Romans „Ein Unglücksfall“, in dem es um jüdisches Leben in Berlin geht.
Für seine Leistungen wurde Wolfdietrich Schnurre unter anderem mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet. Im Juni 1989 starb der Autor in Kiel. Seit 1995 versuchte der Verein Weißenseer Heimatfreunde, eine öffentliche Bibliothek nach Wolfdietrich Schnurre benennen zu lassen. Die Weißenseer BVV nahm den Vorschlag schließlich an und empfahl 1999, die seinerzeit als Neubau geplante Bibliothek an der Bizetstraße/ Ecke Mahlerstraße nach dem Autor zu benennen. Am 31. August 2005 wurde diese eingeweiht. Neben Büchern zog auch die Volkshochschule Pankow ein.
Heute kann man in der Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek nicht nur Bücher, CDs und andere Medien ausleihen. Hier finden auch regelmäßig Kunst-Ausstellungen statt. Weitere Informationen auf http://asurl.de/13td.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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