Der 81-jährige Arno Kiehl kennt die Weißenseer Spitze aus dem Effeff
Weißensee. Arno Kiehl ist von Geburt an Weißenseer. Im letzten Teil der Serie „Unser Kiez – rund um die Weißenseer Spitze“ erzählt der einstige Pädagoge und Kabarettist, wie er die Veränderungen im Kiez erlebt und welche Perspektiven er sieht.
Es ist ein sonniger Tag. Die Kamera fängt Momentaufnahmen im Kiez ein. Dann fokussiert sie auf eine Ecke an der Brotfabrik. Arno Kiel kommt forschen Schritts auf die Kamera zu. Der 81-Jährige hat einen Strohhut auf, ist gut gelaunt. Er setzt sich auf eine Bank. „Guten Tag, junge Frau“, grüßt er freundlich eine Passantin. „Mmh, sie hat sich fast erschrocken“, bemerkt er. „So ist das heuzutrage, manchmal kennt man sich nicht. Man grüßt sich nicht. Die Straße ist ein Ort für Hunde, Pendler und Autoparker. Das war nicht immer so.“
Auf den Kiez neugierig machen
So beginnt ein kurzer Film, in dem Arno Kiehl einen kleinen Einblick in seinen Kiez gibt. Gedreht wurde er vom Team der Agentur Local Smarts. Arno Kiel will die Zuschauer auf den Kiez neugierig machen. Der Weißenseer ist prädestiniert dafür. Er ist ein Kiezoriginal. Sein Leben lang wohnt er bereits dort. Er kann sehr anschaulich und lebendig darüber berichten, wie das Leben im Kiez einst war – und wie es sich veränderte.
Seine Kindheitserinnerungen sind vom Krieg und der Nachkriegszeit geprägt. Darüber schrieb er sogar ein Buch. Darin erinnert er sich zum Beispiel an den Luftschutzbunker an der Ecke Goethe- und Ostseestraße. Und auch an die russischen Panzer, die im Mai 1945 durch die Straßen an der Weißenseer Spitze patrouillierten.
Nach dem Krieg begann für Arno Kiehl ein wechselvolles Arbeitsleben. Er lernte Maschinenbauer. Weil er schauspielerisch talentiert war, kam er zum Tournee-Ensemble der Deutschen Reichsbahn. Er ließ sich als Schauspieler ausbilden, war bei einem Kabarett, studierte Journalistik, war kurz bei der Aktuellen Kamera und musste wegen Differenzen gehen. Dann baute er das Polytechnikzentrum des Betriebs KWO in Prenzlauer Berg auf. Dort unterrichtete er 28 Jahre lang Schüler der 7. bis 10. Klasse, ehe er in Rente ging.
Als Zeitzeuge gefragt
Immer wieder ist er heute als Zeitzeuge gefragt. Sichtlich Spaß macht es ihm zu erzählen, wie es früher in Weißensee war und wie sich alles entwickelt hat. Vor allem über die Gustav-Adolf-Straße weiß er viel. „Das war früher eine lebendige Straße“, sagt er. „Da war richtig Leben drin. Das war natürlich nie ein Boulevard, aber es war eine Einkaufsstraße, in der man alles bekam, was man zum Leben brauchte. Außer Möbel vielleicht. Trotz der Mangelwirtschaft in der DDR war ich mit dem Angebot hier zufrieden.“
"Echt Ost-Berliner Menschenschlag"
Die Menschen waren im Allgemeinen offen und gerade heraus, ehrlich und hilfsbereit. „Das war ein echt Ost-Berliner Menschenschlag“, fasst Arno Kiehl zusammen. „Inzwischen hat sich aber sehr viel verändert. Nichts ist mehr, wie es war. Viele Schaufenster sind beklebt, weil die Läden leer sind oder zweckentfremdet genutzt werden. Es gibt kaum noch etwas zum Schauen in der Gustav-Adolf-Straße. Wenn es mit der Straße aufwärts gehen soll, müssen alle an einem Strang ziehen: Hausbesitzer, Gewerbetreibende und Bewohner der Straße.“
Deshalb begrüßt Arno Kiehl auch das Engagement des neuen Vereins Weißenseer Spitze. „Um etwas zu erreichen, müssen aber viel mehr Menschen aktiviert werden.“ Der Ur-Weißenseer ist bereit, seinen kleinen Beitrag dafür zu leisten. Darum erklärte er sich auch bereit, beim Filmprojekt von Local Smarts mitzumachen. „Ich bin gespannt, wie sich alles weiterentwickelt“ sagt er. BW
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Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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