Gummi, Öl und Hitze: Micha Winkler zeigt seine Bilder aus dem Gummiwerk
Weißensee. Dort, wo sich heute das Bildungszentrum am Antonplatz befindet, stand früher ein Betriebsteil des VEB Gummiwerke. An die Industriegeschichte dieses Standorts erinnert jetzt eine Fotoausstellung.
Der Fotograf Micha Winkler nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise. In der Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek, Bizetstraße 41, zeigt er Schwarzweißfotos. Sie entstanden vor über 30 Jahren in den ehemaligen Werkshallen der Gummiwerke. Seinerzeit arbeitete Winkler als Fotograf für die Betriebszeitung.
„Nach der Schule lernte ich Zerspanungsfacharbeiter. Anfang der 80er-Jahre begann ich als Haushandwerker in den Gummiwerken“, erinnert er sich. „Ich absolvierte nebenbei eine Fotografenausbildung.“ Sein Talent als Fotograf sprach sich bis in die Redaktion der Betriebszeitung herum. Ab Mitte der 80er-Jahre war Micha Winkler für sie als Fotograf an den Betriebsstandorten Bizetstraße, Puccinistraße und Hauptstraße unterwegs. „Hier wurden vor allem Gummiteile für medizinische Geräte hergestellt“, erinnert sich Micha Winkler. Am bekanntesten waren die Gummiwärmflaschen, die aus diesem Betrieb kamen. So schön und hygienisch sauber, wie die Produkte waren, die Arbeitsbedingungen im Betrieb waren das nicht. Wer sich die Fotos ansieht, riecht förmlich Gummi und Öl und spürt die Hitze, die von den Maschinen ausgeht, mit denen der Gummi in Form gebracht wird. Micha Winklers Fotos zeigen, wie trotz widriger Umstände die Arbeiter konzentriert arbeiten, wie Wärmflaschen mit dem Lötkolben entgratet werden, ohne jeglichen Schutz für die Hände.
Ein typischer DDR-Betrieb
Der Fotograf erinnert sich noch sehr genau an eine Episode, als er zwei Arbeiter an einer Maschine fotografieren wollte, an der sie gerade hantierten. „Als ich dort ankam und sagte, dass ich sie für die Betriebszeitung fotografieren wollte, erntete ich nur einen Lacher. Sie sagten, dass diese Maschine noch nie funktioniert hätte. So stellte ich sie für das Foto hin, und sie spielten nur die Handgriffe, die an dieser Maschine nötig gewesen wären. Das sieht man dem Foto in der Ausstellung heute noch an.“
Micha Winkler hat mit seiner Praktika-Kamera auf Rollfilm Hunderte Bilder in den Gummiwerken gemacht. Entwickelt hat er sie in seiner heimischen Dunkelkammer. Nach der Wende war er dann als Theaterfotograf beschäftigt, und seit gut 20 Jahren ist er nun freiberuflich unterwegs.
Die Gummiwerke schlossen Anfang der 90er-Jahre ihre Pforten. Als das Komponistenviertel 1994 zum Sanierungsgebiet wurde, legte man als Sanierungsziel für den Bereich an der Bizetstraße den Bau eines Bildungszentrums fest. In einem Neubau entstanden die Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek und Unterrichtsräume für die Volkshochschule. Das frühere Verwaltungsgebäude des Gummiwerks ist indes für die Musikschule und weitere VHS-Nutzungen umgebaut worden. Eröffnet wurde das Bildungszentrum am Antonplatz vor zehn Jahren. BW
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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