Mit goldenen Händen
Iranischer Wasserballer suchte sein Glück in Berlin
Wen er behandelt, dem rutscht leicht mal über die Lippen: „Dieser Mann hat goldene Hände!“. Wer sich nach seiner Therapie nach und nach viel besser fühlt, ist Naim Kazemi Loghmani sehr dankbar.
Nur wenige wissen allerdings, dass der Physiotherapeut bereits ein sehr bewegtes Leben hinter sich hat. Er ist ein Beispiel dafür, wie Flüchtlinge die Gesellschaft bereichern. Der 37-Jährige kommt aus Teheran. Sein Vater war Direktor der dortigen Sportuniversität. So verwundert es nicht, dass auch Naim sportbegeistert war. Als ambitionierter Wasserballer schaffte er es bis in die iranische Nationalmannschaft.
Während seines Sportstudiums verfasste er aber gemeinsam mit anderen ein Papier, das den Regierenden ganz und gar nicht gefiel. „Ich musste um mein Leben bangen“, sagt er. „Deshalb kam ich 2004 nach Deutschland.“ Über Bekannte seines Vaters ging er zunächst nach Saarbrücken. Dort erhielt er eine Aufenthaltsgenehmigung und stellte einen Asylantrag. Doch die Bearbeitung zog sich hin. Naim Kazemi Loghmani hielt sich mit kleinen Jobs über Wasser. Außerdem lernte er an der Volkshochschule Deutsch. Und er fand mit dem SC Saarbrücken einen Verein, in dem er weiter Wasserball spielen konnte. Erst 2008 wurde seinem Antrag stattgegeben.
Nun konnte der junge Mann endlich über seine Zukunft nachdenken. Wie sollte es weitergehen? Ein väterlicher Freund riet ihm, seine eigenen Erfahrungen als Sportler einzubringen und anderen Menschen zu helfen. „Ich folgte diesem Rat und kam zur Ausbildung nach Berlin“, so Naim Kazemi Loghmani. In Berlin erlernte er den Beruf eines Physiotherapeuten und fand Anschluss bei den Wassersportlern vom SC Wedding.
Irgendwann war beides nicht mehr unter einen Hut zu bringen. Deshalb hing Naim 2012 seine sportliche Leidenschaft an den Nagel und konzentrierte sich voll und ganz auf seine Ausbildung. „Mein Ziel war es eigentlich, nach der Ausbildung in die Schweiz zu gehen“, sagt Naim. Doch dann verliebte er sich und blieb in Berlin.
Nach zwei kurzen Jobs entschloss er sich 2014, mit der Active-Care-Physiotherapie an der Berliner Allee seine eigene Praxis zu eröffnen. Inzwischen hat er fünf Mitarbeiter. Auch in Zeiten der Corona-Krise hat das Team gut zu tun. Patienten, die kommen, haben meist eine Operation hinter sich oder schmerzhafte Beschwerden des Bewegungsapparats. Damit sich ihre Beweglichkeit weiter verbessert und die Schmerzen gemindert werden, brauchen sie die regelmäßige Therapie. Ein Aussetzen könnte für sie fatale Folgen haben. Und die Therapie mit den Händen kann nun mal nicht durch Online-Angebote ersetzt werden.
Naim Kazemi Loghmani wollte in diesem Frühjahr sein Angebot noch erweitern. Er mietete vor fünf Monaten weitere Gewerbeflächen an. Diese ließ er inzwischen für Reha-Sport ausbauen. Eigentlich sollte es in diesem Frühjahr losgehen. Doch aufgrund der aktuellen Situation müssen sich alle in Geduld üben. „Wir versuchen über die Zeit zu kommen“, sagt Naim optimistisch. „Und dann kann es auch in unseren neuen Räumen richtig losgehen.“
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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