Nachruf
Vom Theatermann zum Strandbadbetreiber – zum Tod des Vollblut-Weißenseers Oliver Schulz
Er war eine echte Kiezgröße und vielen als langjähriger Betreiber des Standbades Weißensee bekannt: Oliver Schulz. Vor wenigen Tagen hörte sein Herz auf zu schlagen, ein paar Monate vor seinem 60. Geburtstag.
„Oliver war seit einiger Zeit Mitarbeiter bei uns in der Galerie der Brotfabrik“, berichtet Jörg Fügmann, der Geschäftsführer des Kulturzentrums am Caligariplatz. „Als wir uns am Freitag ins Wochenende verabschiedeten, lachten wir noch. Er war gut drauf. Dass er nicht mehr wiederkommen wird, kann ich nicht fassen.“
Hin und wieder kokettierte Oliver Schulz bei Interviews damit, dass er ein Sonntagskind sei. Deshalb habe er ein so sonniges Gemüt. Er wuchs in Weißensee auf. Studierte später Theaterwissenschaften in Leipzig, entwickelte sich zu einem jungen, aufstrebenden Theatermann.
Mit der Brotfabrik kam er schon bald nach dem Studium in Kontakt. Im Herbst 1989 begann er, dort als Gastregisseur ein Stück zu inszenieren. Diese erste Inszenierung hieß „Unter dem Milchwald“. Zur Premiere war Professor Walter Nickel unter den Zuschauern. Er riet Schulz, sich für einen Magisterstudiengang an der Hochschule der Künste (HdK) einzuschreiben. So begann der damals 29-Jährige an der HdK erneut zu studieren.
Im Kulturzentrum Brotfabrik inszenierte er dann mehrfach Stücke. Er holte auch Bert Bredemeyer mit ins Haus, der einige Jahre die Brotfabrik-Bühne leitete. Schulz übernahm das theaterpädagogische Zentrum. Als er sich anderen Aufgaben zuwandte, wurde dieses aufgelöst, so Fügmann.
Wandelbarer Kulturarbeiter
In den 90er Jahren war der Theaterwissenschaftler dann Mitarbeiter beim Kulturamt Weißensee. Ende der 90er-Jahre begann Berlin, in den Verwaltungen kräftig Personal einzusparen. Schulz kam in den Personalüberhang. Man schickte ihn nach Marzahn. Dort leitete er einige Zeit eine Jugendkultureinrichtung. „Ich merkte aber: Das ist nicht mein Ding“, sagte er der Berliner Woche einmal. So nahm er an, als das Land Berlin Anfang des Jahrtausends seinen Überhangmitarbeitern den „Goldenen Handschlag“ anbot.
Oliver Schulz übernahm die einstige „Mazurka“ an der Berliner Allee. Die „Mazurka“ war zu DDR-Zeiten das beliebteste Tanzlokal Weißensees. Anfang der 90er Jahre machte die Konsumgaststätte aber dicht und stand dann lange Zeit leer. Später nutzte eine Hardrock-Diskothek die Räumlichkeiten. Schulz übernahm den Laden und wollte ihn gastronomisch und kulturell wieder auf Vordermann bringen. In die Renovierungsarbeiten „platze“ aber ein anderes Projekt hinein.
Die Berliner Bäderbetriebe stellten seinerzeit fest, dass sich das Strandbad Weißensee für sie nicht mehr rechnete. Sie wollten es schließen. Oliver Schulz wollte das Bad aber für die Weißenseer unbedingt erhalten. Ihm war allerdings klar: Allein mit einem saisonalen Betrieb kann sich die Einrichtung tatsächlich nicht rechnen. Er schrieb ein geniales Betreiberkonzept, bewarb sich und bekam den Zuschlag. Seine Idee: Das Strandbad muss das ganze Jahr über für Besucher geöffnet sein. Dazu braucht es weitere Anziehungspunkte. So eröffnete er am Ufer des Weißen Sees zum Beispiel eine Übersee-Bar. Palmen, eine Bretterbar, ein Tanzboden und anderes ließ er dafür installieren. Schulz selbst tanzte dann auf zwei Hochzeiten: Strandbad und „Mazurka“. Da das nicht lange gut ging, konzentrierte er sich vollkommen auf das Angebot am See. Für das hatte er viele Ideen. Jedes Jahr zum Saisonauftakt gab er wieder neue Projekte bekannt.
Wieder zurück in die Brotfabrik
Oliver Schulz war ein kreativer Typ. Das Buchhalterische lag ihm wohl weniger. Und so musste er vor drei Jahren auch aus dem Betrieb des Strandbades aussteigen. „Zuletzt kehrte er an seine frühere Wirkungsstätte, in die Brotfabrik zurück“, sagt Jörg Fügmann. „Ich hatte das Gefühl, dass er sich bei uns sehr wohlgefühlt hat.“ Doch nun müsse man Abschied nehmen.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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