100 Jahre Groß-Berlin
Kaiser Wilhelm II. verpasste dem Ort bereits 1912 den neuen Namen Berlin-Weißensee
Anfang des 20. Jahrhunderts wollte Weißensee eigentlich eine eigenständige Stadt werden. Doch mit dem Gesetz über die Bildung von Groß-Berlin und der damit verbundenen Eingemeindung des Ortes wurden diese Pläne endgültig ad acta gelegt.
Dabei bemühten sich die Weißenseer Stadtväter jahrelang redlich darum, dass Weißensee als Stadt anerkannt wird. Zu ihrem Konzept gehörte, dass nicht nur ein eigenes Rathaus gebaut und 1903 eingeweiht wurde, Weißensee bekam auch eine eigene Stadthalle. Es waren vor allem der damalige Bürgermeister Carl Woelck (1868-1937) und der Gemeindebaurat Carl James Bühring (1871-1936), die den Bau der Stadthalle vorantrieben.
Im Sommer 1907 begannen die Bauarbeiten, und am 26. September 1908 fand die feierliche Einweihung der Weißenseer Stadthalle statt. Das Haus war für unterschiedliche Nutzungen gebaut worden. Es gab eine Hallen mit 1000 Plätzen für Veranstaltungen und Versammlungen. Daneben befanden sich noch eine kleinere Turnhalle, vier Kegelbahnen und eine Badeeinrichtung mit sechs Brause- und drei Wannenbädern. Außerdem gehörte ein Restaurant zur Stadthalle, der Gebäudeteil, in dem sich heute das Frei-Zeit-Haus befindet.
Die Stadthalle prägte mit ihrer Fassade fast drei Jahrzehnte den westlichen Bereich der Pistoriusstraße. Aber am 26. Februar 1945 schlugen Fliegerbomben in das Gebäude ein. Die Reste des Bauwerks blieben danach noch einige Jahre als Ruine stehen, ehe sie abgerissen wurden.
Auch wenn Weißensee bis 1920 eigenständige Gemeinde war, Berlin-Weißensee gab es bereits früher. Nicht selten sind Heimatforscher verwundert, wenn auf amtlichen Dokumenten und auf Poststempeln aus der Zeit vor 1920 schon Berlin-Weißensee zu lesen ist. Das liegt daran, dass der Weg zur Stadt Groß-Berlin mehrere Schritte umfasste.
Die ersten gab es, wenn man es genau betrachtet, bereits im 17. Jahrhundert. Seinerzeit wurden auch außerhalb der Stadtmauern Berlins Landflächen für die Stadt erworben. Es entstanden Vororte, die anfangs selbstständige Gemeinden waren. Mit der Zeit war es immer schwieriger zu umschreiben, was zu Berlin gehörte und was nicht. Der entstandene Gemeindeverband stimmte nicht mit dem Gerichtsbezirk Berlin überein, noch weniger mit dem Polizeibezirk.
Die Stadt selbst wuchs in den folgenden Jahrhunderten auch flächenmäßig immer weiter. 1861 kamen beispielsweise Moabit, Wedding und die Schöneberger Vorstadt zu Berlin. Um 1880 wurden auch die Fläche des Zentralviehhofs auf der ehemaligen Lichtenberger Feldmark und die Jungfernheide integriert. Danach gab es mehrere erfolglose Versuche, die Großstadt noch weiter auszudehnen. Die meisten Nachbargemeinden, inzwischen teilweise Städte mit florierender Wirtschaft und hohen Steuereinnahmen, verweigerten sich der Vereinnahmung durch Berlin. Erst nach langwierigen Verhandlungen entstand 1911 schließlich der „Zweckverband Groß-Berlin“.
Und dann passierte es: Am 1. April 1912 ordnete Kaiser Wilhelm II. an, dass von nun an anstatt „Weißensee, Kreis Barnim“ nur noch „Berlin-Weißensee“ von den Verwaltungen zu verwenden ist. Damit gehörte Weißensee bereits acht Jahre früher dem Namen nach zur Großstadt.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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