"Lasst uns über Rassismus reden": Moskito lud ins öffentliche Wohnzimmer ein
Weißensee. Mit einer ungewöhnlichen Aktion riefen vor wenigen Tagen Bürger zu mehr Zivilcourage auf und machten gegen Rassismus in Weißensee mobil. Sie veranstalteten auf der Freifläche nahe der Haltestelle Sulzfelder Straße ein „öffentliches Wohnzimmer“.
„Wir wollen in lockerer Atmosphäre Weißenseer über rassistische Übergriffe in den vergangenen Wochen informieren“, sagt Dr. Berit Schröder. Sie ist die Leiterin von moskito, der Pankower Fach- und Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Vielfalt. „Außerdem wollen wir zu mehr Zivilcourage aufrufen und mit Anwohnern dazu ins Gespräch kommen.“ Jeder konnte es sich auf Sofas oder Sesseln gemütlich machen, Kaffee trinken oder einen Jutebeutel mit der Aufschrift „Gemeinsam im Kiez gegen Rassismus“ mitnehmen.
Anlass für die Aktion: Zwischen Juli und September gab es in der Buschallee und in der Hansastraße fünf rassistische, teilweise auch tätliche Übergriffe. Besonders schlimm war im Juli der Angriff auf eine vierköpfige Familie aus Serbien. Sie wurde von fünf Männern beschimpft, geschlagen und ausgeraubt.
„Insgesamt wurden in diesem Kiez bereits zehn Personen Opfer rassistischer Gewalt. Die meisten waren Asylbewerber. Auch Anwohner, die eingriffen und Zivilcourage bewiesen, wurden angegriffen“, berichtet Berit Schröder. Mit dem öffentlichen Wohnzimmer wollen die Initiatoren einen Beitrag leisten, das Klima im Kiez zu verändern. Wenn viele Bewohner klar Stellung gegen Rassismus beziehen, dann besteht Hoffnung, dass der Alltagsrassismus zurückgedrängt werden kann.
Zu den Organisatoren der Aktion gehörte unter anderem der Verein Mitgestalter, der mit seinen öffentlichen Wohnzimmern im benachbarten Komponistenviertel bereits viel für ein tolerantes Miteinander tat. Die Tanzwerkstatt No Limit, die sich seit Jahren mit ihren Projekten gegen Rassismus aller Art engagiert, machte ebenso mit wie das Jugendzentrum "Bunte Kuh", der Mitmachzirkus vom Hof23, der Bildungsverein Kreuzpfuhl und die Initiative vosifa.
Das öffentliche Wohnzimmer an diesem ungewöhnlichen Ort sorgte für Aufmerksamkeit. „Viele Passanten blieben stehen und schauten, was wir hier machen“, so Berit Schröder am Ende der Aktion. „Wir kamen ins Gespräch. Viele Anwohner sind auch gegen Rassismus. Einige nahmen sich auch einen unserer Beutel mit, um in den nächsten Wochen mit ihm ihre Meinung kundzutun. Aber wir erlebten auch Gleichgültigkeit und Ablehnung. Es gibt also noch einiges zu tun in diesem Kiez.“
Deshalb denken die Akteure über weitere Aktionen statt. Dazu wollen sie unter anderem auch mit den Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften ins Gespräch kommen. Auch das Oberstufenzentrum Brillant-Savarin-Schule soll mit ins Boot geholt werden. BW
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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