Verein FrauSuchtZukunft unterstützt
Dem Tag wieder eine Struktur geben
In der Gustav-Adolf-Straße hat ein Projekt seinen Sitz, das berlinweit einmalig ist. Einmalig ist das Projekt, weil es sich um eine Klientel kümmert, der sonst kaum Aufmerksamkeit zuteil wird: Frauen, Lesben, trans-, inter- und nichtbinäre Menschen mit Suchterkrankungen und/oder psychischen Erkrankungen.
Dabei handelt es sich um das Projekt Handwerkszeug/Seidenfaden. Gefördert wird es mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie vom Senat. Träger ist der Verein FrauSuchtZukunft. „Zu uns kommen Frauen im Alter zwischen 18 und 63 Jahre“, berichtet Projektleiterin Julia Notthoff. „Meist sind sie bereits lange Zeit arbeitslos. Wir versuchen gemeinsam mit ihnen eine Tagesstruktur für sie aufzubauen.“
Gegründet wurde der Verein FrauSuchtZukunft 1982. Im Laufe der Jahre entwickelte er sich zu einem zentralen Träger in der Unterstützung von Frauen, die suchtmittelfrei und selbstbestimmt leben wollen. Aber auch trans-, inter- und nichtbinäre Personen gehören inzwischen zur Klientel.
Das bekannteste Projekt des Vereins, in dem Frauen einen geregelten Tagesablauf trainierten, war das Café Seidenfaden. Es hatte 20 Jahre lang seinen Sitz in den Hackeschen Höfen. Aber dann lief Ende 2020 der Mietvertrag aus und zu allem Überfluss bestimmte Corona den Alltag. Deshalb schloss das Café. Seit 1. Januar 2021 ist der Verein FrauSuchtZukunft mit seiner Einrichtung zur Unterstützung der Frauen nun in der Gustav-Adolf-Straße zuhause.
Hier ist zum einen das mit Mitteln des Landes Berlin geförderte Textilprojekt „Seidenfaden“ beheimatet. In Anlehnung an das frühere Café erhielt es diesen Namen. In dem Projekt gewöhnen sich die Teilnehmerinnen nach und nach an eine geregelte Tagesstruktur. Im mit ESF-Mitteln geförderten Projekt „Handwerkszeug“ geht es dann einen Schritt weiter. Wer hier einsteigt, gewöhnt sich nach und nach an einen regulären Arbeitsalltag.
In der Regel nehmen jedes Jahr rund 50 Frauen an den Projekten teil. Sie kommen auf Empfehlung von der Suchtberatung, vom Jobcenter oder von Kliniken, erzählt Julia Notthoff. In einem Erstgespräch wird geschaut, welche Arbeit zur betreffenden Teilnehmerin passt. Und danach findet ein Probearbeiten statt, bei dem geprüft wird, ob es die richtige Beschäftigung ist. In der Regel bleiben die Teilnehmerinnen bis zu einem Jahr. In dieser Zeit beschäftigen sie sich vor allem mit Handarbeiten wie Nähen, Wollarbeiten, aber auch Papierschöpfen oder das Herstellen von Kleinmöbeln werden angeboten. Weil jeden Arbeitstag gemeinsam gegessen wird, stehen auch Arbeiten in der Küche an. „Im Prinzip ist es ein arbeitstherapeutisches Angebot, das intensiv begleitet wird“, fasst die Projektleiterin zusammen.
Im ESF-geförderten Projektbereich geht es dann schon um eine echte Qualifizierung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, berichtet Julia Notthoff. „Das Ziel, wie es danach weitergehen soll, setzt sich jede selbst“, sagt sie. „Es kann eine Weiterbildung folgen, der Übergang in ein Zuverdienstprojekt oder auch der Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Das hängt auch vom individuellen Krankheitsbild ab.“
Das Team von FrauSuchtZukunft ist froh, dass das ESF-Projekt in diesem Jahr weitergeführt werden kann. Es hing nämlich acht Monate in der Luft, weil es keine verbindliche Finanzierungszusage gab. Doch inzwischen sind die Mittel bewilligt und das Projekt kann vorerst bis Juni 2026 weiterlaufen.
Näheres zum Verein und seine Einrichtung an der Gustav-Adolf-Straße findet sich auf https://frausuchtzukunft.de/handwerkszeug-seidenfaden/.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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