Neues Museum
Mobil machen gegen den Murks
Es ist sicher eines der ungewöhnlichsten Museen der Stadt: Das Murkseum an der Berliner Allee 249 zeigt Dinge, die nicht mehr zu gebrauchen sind.
In der aktuellen Ausstellung sind unter anderem Küchenmaschinen, Zahnbürsten, Glühlampen, ein Lampenschirm, eine Kaffeemaschine, die Rückenlehne eines Schreibtischstuhls und anderes mehr zu sehen. Das alles ist nicht mehr zu gebrauchen. Nach einer gewissen Nutzungszeit sind all die Dinge kaputt gegangen – nicht etwa weil sie unsachgemäß genutzt oder behandelt wurden: Die Hersteller haben die Sachen so fabriziert, dass sie nach einer gewissen Zeit nicht mehr zu nutzen sind. In diesem Fall sprechen die Fachleute von „geplanter Obsoleszenz“.
Nutzung nur von geplanter Dauer
Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine seit Jahrzehnten praktizierte Strategie von Herstellern. Diese entwickeln ihre Produkte so, dass sie nur eine bestimmte Zeit halten. Weil eine Reparatur häufig teuer ist, kaufen die Kunden lieber gleich ein neues Produkt. Beispiele für geplante Obsoleszenz sind unter anderem auch Reißverschlüsse an Jacken, die nach bestimmter Benutzungsdauer von allein aufreißen. Oder Patronen von Tintenstrahldruckern. Die zeigen manchmal schon an, dass die Patrone leer ist, obwohl erst zwei Drittel der Tinte verbraucht sind. Oder auch Handmixer, deren stark belastete Getriebeteile nicht etwa aus Metall, sondern aus Plaste sind.
Wohlstandsmüllberge aus Europa
Was kaputt geht, landet dann in der Regel im Müll. Und dieser wird dann häufig in Dritte-Welt-Länder verschifft, wo die Wohlstandsmüllberge aus Europa immer größer werden. Im Jahr 2011 sah Stefan Schridde eines Nachts eine Dokumentation im Fernsehen, „in der Kinder auf unserem Dreck herumkrochen“, erinnert er sich. „Ich fand des so erschreckend und mich habe die Bilder von diesem Müll so geärgert, dass ich mich sagte: Dagegen muss man etwas unternehmen.“
Der Diplom-Betriebswirt begann, zum Thema „geplante Obsoleszenz“ zu recherchieren. Im Februar 2012 ging er mit dem Blog „Murks? Nein Danke!“ online und sammelte Beispiele für den produzierten Murks und entsprechende Erfahrungsberichte. Die Resonanz war überwältigend. Täglich wurden ihm Produkte gemeldet, die auf eine geplante Obsoleszenz hinwiesen. Er fand immer mehr Mitstreiter, sodass 2013 der Verein „Murks? Nein Danke“ gegründet wurde.
Im Gespräch mit Politikern
Dieser Verein verfolgt unter anderem den Zweck, Verbraucherinteressen wahrzunehmen und einen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Produkte zu leisten. „Wir setzen uns für nachhaltige Produktqualität und Produktverantwortung im Sinne einer ressourcenschonenden Kreislaufgesellschaft ein“, erklärt Schridde. Um das zu erreichen und um Unternehmen wie Verbraucher für das Thema geplante Obsoleszenz zu sensibilisieren, ist Stefan Schridde seit einem Jahrzehnt bundesweit unterwegs. Er hält Vorträge, spricht mit Unternehmern und Politikern und hat ein Buch „Murks? Nein Danke!“ geschrieben.
Weil das Sprechen über ein Thema die eine Seite, das anschauliche Beispiel aber oft die einprägsamste Variante ist, entstand die Idee, ein Museum mit produziertem Murks zu eröffnen. „Auf den Namen ‚Murkseum’ ist meine Tochter gekommen“, berichtet Stefan Schridde. „Wir zeigen hier aber nicht nur den Murks, sondern auch, wie man die Sachen besser und länger haltbarer herstellen könnte.“
Geplant ist nicht nur der weitere Ausbau des Murkseums, sondern auch eine Erweiterung der Öffnungszeiten. Dafür sind Ehrenamtliche willkommen. Außerdem will der Verein seine Aufklärungsarbeit zum Thema geplante Obsoleszenz ausweiten. Mehr zum Verein „Murks? Nein Danke!“ ist auf www.murks-nein-danke.de zu erfahren.
Geöffnet ist das Murkseum, Berliner Allee 249, Mi/Do 14-17 Uhr. Schulklassen und Gruppen können sich für eine Führung unter 0176/83 29 91 80 bei Stefan Schridde anmelden.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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