Lasst uns die Müllklappen! Mieter der "Schlange" protestieren gegen neues Müllsystem
Was ist hier veraltet, was modern? Die Absauganlage sei überkommen, teuer und abträglich für die korrekte Trennung des Mülls, sagen Degewo und BSR. Aber die Mieter der "Schlange" sehen es genau umgekehrt: Sie halten die 70er-Jahre-Anlage für zukunftsweisend, sanierungswürdig und effektiv.
Helmut Kliefoth, Christine Wußmann-Negriz und Dutzende andere Bewohner wollen nicht hinnehmen, was sie seit Kurzem schriftlich haben: Die Anlage wird stillgelegt zum 31. Dezember dieses Jahres. Dann heißt es: Abfallsäcke selber tragen und eigenhändig in die neu aufgestellten Tonnen im Hofbereich werfen. Jeden Sack in den richtigen Behälter. Ob der Sinn für Mülltrennung dadurch zu schärfen ist? Kliefoth, ein sachkundiger Mieter, hat daran Zweifel. "Man kann dadurch niemals die Verwertungsquote erreichen wie bei einer maschinellen Trennung", beruft er sich auf so lautende Untersuchungen. Gerade die maschinelle Ordnung der Müllbestandteile gelingt aus seiner Sicht bislang auf vorbildliche Weise. Was Mieter der "Schlange" in den Schacht werfen, gelangt pneumatisch angesaugt in einen Speicher am Breitenbachplatz - von wo aus der Transport in die Müllverbrennungsanlage Ruhleben fast unbemerkt funktioniert. Hier würden nach der Verfeuerung die wertvollen Bestandteile liegen bleiben. Warum also Menschen anstrengen, wenn die Maschine Effektiveres leistet? Für die Mieterinitiative ein Rätsel.
Mehr als 1,5 Millionen Euro würde die Instandsetzung des jetzigen Systems wohl kosten. Eine Summe, die niemals so hoch hätte werden dürfen, meint Kliefoth. "Hier wurde auf Verschleiß gefahren", kritisiert er mangelnde Wartung nach Vorgaben des Herstellers "Envac".
Tatsächlich ist die Stilllegung nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Entscheidung. Nach Debatten im BVV-Umweltausschuss waren die Positionen geklärt: Während die CDU eine Schließung der Anlage ablehnt, befürwortet dies eine Mehrheit aus SPD und Grünen aus ökologischen Gründen. In Einklang mit BSR und Degewo.
Für Lutz Ackermann, den Sprecher der Wohnungsgesellschaft, steht fest, dass an der Systemumstellung kein Weg mehr vorbeiführt. "Die bisherige Müllabsauganlage verhindert eine umweltfreundliche Trennung des Abfalls. Sie ist nach 36 Jahren Betriebsdauer technisch überholt und im Betrieb sehr teuer", bezieht er Stellung. Müllräume und Sammelcontainer in Haustürnähe - dies sei eine "bequeme und zumutbare Alternative". Genau das habe der Degewo inzwischen auch der Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses bescheinigt. Für Restmüll, Bioabfall, Gelbe Tonne, Papier und Glas gibt es künftig separate Container, die von BSR-Müllwagen im Hofbereich geleert waren.
Auch für ältere und gebrechliche Bewohner, die es nicht zu den Sammelplätzen schaffen, bietet die Degewo laut Ackermann eine verträgliche Lösung an:
"Es wird einen Abholservice zu fairen Preisen geben, den insbesondere Menschen mit Behinderung nutzen können. Müllbeutel werden direkt an der Wohnungstür abgeholt und entsorgt." Ein Stück Automatismus bleibt also, zumindest für diejenigen, die das wünschen.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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