Grundriss als Strohhalm
Mieter der Deidesheimer Straße 8 hoffen auf Denkmalschutz
Die Bewohner des Hauses Deidesheimer Straße 8 haben seit der jüngsten Bauausschusssitzung wieder die schwache Hoffnung, ihr Zuhause nicht verlassen zu müssen: Experten des Denkmalbeirats erachten die Grundrisse ihrer Wohnungen als schützenswert.
Das erfuhren sie über den Bericht des Beirats, vorgetragen von der SPD-Verordneten Christiane Timper. „Die Grundrisse wurden bei der ersten Beurteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde gar nicht mehr berücksichtigt, als sie festgestellt hat, dass die Fassaden bereits verändert wurden und die Fenster nicht mehr original sind. Ein Irrsinn“, kommentierte sie die Neuigkeiten, die aus einer Begehung des Beirats resultieren.
2016 wurde das Haus im Rheingau-Viertel von „hit. Immobilien“ aufgekauft. Den Bewohnern flatterten Kündigungen ins Haus. Einige von ihnen stehen gerade vor Gericht, der Investor hat sie mittlerweile auf das Tolerieren der Modernisierungsmaßnahmen verklagt. Grotesk: Die Verklagten können wegen der Kündigung nicht mehr zurück in ihre Bleibe. Und selbst wenn ihr Mietvertrag nicht auslaufen würde, ginge das nicht. „Die Miete soll nach der Modernisierung um acht bis neun Euro pro Quadratmeter erhöht werden. Das können wir uns nicht leisten“, sagt ein Betroffener, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Die pfiffigen und immer noch zeitgemäßen Grundrisse des Architekten Julius Schüler, der die gesamte Häuserzeile entwarf, ist nun der Strohhalm, an den sich die Bewohner klammern. Die Erkenntnisse der Inaugenscheinnahme der Experten des Denkmalbeirates sollen in Kürze in ein Gespräch mit der Ausschussvorsitzenden Susanne Klose (CDU), Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Grüne) und Vertretern des Landesdenkmalamtes einfließen. Den Aspekt, das Gebäude unter Ensembleschutz zu stellen, sähen sie zwar nicht, die Grundrisse dürften aber nicht verändert werden, so Timper.
Die Betroffenen fühlen sich jedenfalls von der Politik allein gelassen. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen den Baustadtrat. „Wir glauben, dass die Gesichtspunkte des Denkmalschutzes nicht gründlich geprüft worden sind. Dafür ging das alles viel zu schnell. Und wir wünschen uns mehr Mut. Wenn etwas bezüglich des Denkmalschutzes strittig ist, könnte man ja auch dem Investor klar machen, dass die Prüfung einfach noch dauert. Das hätte uns vor Gericht sehr geholfen.“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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