Immer mehr Druck auf dem Kessel
Steigende Mieten: Kiezversammlung am Rüdesheimer Platz
Im Internationalen Begegnungszentrum der Wissenschaft (IBZ) in der Wiesbadener Straße haben 130 Anwohner rund um den Rüdesheimer Platz an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Mietenwahnsinn stoppen“ teilgenommen.
Die Linke und die Künstlerkolonie Wilmersdorf hatten zur Kiezversammlung eingeladen und waren vom Andrang überwältigt. „130 Leute, mehr würden in Kreuzberg auch nicht kommen“, stellte Niklas Schenker, Fraktionsvorsitzender der Linken in der BVV, zufrieden fest. Eine Aufzugladung Mieter nach der anderen strömte in den Saal im vierten Stock des Wohnhauses 18. „Wir mussten sogar aus Platzmangel Gäste wieder wegschicken und werden daher diese Veranstaltung in Kürze wiederholen“, sagte er.
Mieten sollen um 300 Prozent steigen
Grundsätzlich hätte es Schenker lieber gehabt, die Versammlung wäre gar nicht nötig gewesen. War sie aber. Bewohner des Mietshauses in der Deidesheimer Straße 8 waren beispielsweise da und berichteten von einer Mieterhöhung um 300 Prozent, die sie künftig wegen Modernisierungsmaßnahmen zu stemmen hätten.
Milieuschutz gefordert
In der Künstlerkolonie und den beiden Initiativen Deidesheimer Straße und „SWK in Gefahr“ gibt es rund um den „Rüdi“ schon drei Zusammenschlüsse, die sich gegen solch exorbitante Mieterhöhungen und ihre Verdrängung aus dem Kiez wehren wollen. Sie fordern deshalb Milieuschutz für ihr Quartier. Stadtentwicklungsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) gelobte, im Zuge des laufenden Grobscreenings prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen dafür gegeben seien. Mit Schruoffeneger saßen auch die Linke-Abgeordnete Gaby Gottwald und Wibke Werner vom Berliner Mieterverein auf dem Podium.
Das von der Linken auf den Weg gebrachte Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ war ebenfalls ein Thema. „Da gab es auch durchaus kritische Meinungen zu“, räumte Schenker ein. „Auf der anderen Seite haben auch viele bekundet, das Volksbegehren auf jeden Fall zu unterschreiben.“
Nach Auffassung Schenkers brauche es für diesen Kiez schnell Milieuschutz, so ließe sich wenigstens ein Teil der Luxussanierungen verhindern.
"Der Bezirk muss jetzt handeln"
Ein heißes Eisen werde zudem gerade auf Landesebene geschmiedet: Ein Jurist, der im Bezirksamt Pankow arbeitet, hält es rechtlich für möglich, dass auch ein Bundesland den Mietzins deckeln kann. Derzeit, so Schenker, prüfe der Senat per Gutachten, ob ein entsprechendes Gesetz erlassen werden und wie es aussehen könnte. „Es wäre natürlich großartig, wenn Mieten fünf Jahre eingefroren oder eine Kappung eingeführt werden könnte, ohne auf ein Bundesgesetz warten zu müssen“, so Schenker. Die Veranstaltung sei wichtig gewesen, auch wenn dabei für die Mieter nichts Konkretes herumkam. „Sie hat sichtbar gemacht hat, wie viel Druck auf dem Kessel ist und dass längst auch schon weite Teile der Mittelschicht Schwierigkeiten haben, die Mieten zu bezahlen.“ Und sie sei ein Zeichen für die Bezirkspolitik: „Sie muss handeln, muss jetzt schnell Milieuschutzgebiete ausweisen und eine flächendeckende Mieterberatung einführen“, sagte Schenker.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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