Eine Zeitzeugin, die durchs Fenster kam

Ruth Lemberger (92) besuchte von 1929 bis 1934 die Dunant-Grundschule an der Gribnitzstraße. | Foto: K. Menge
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Steglitz. Für die Schüler und Lehrer der Dunant-Grundschule war der 10. Juli ein ganz besonderer Tag. Auf ihre Initiative hin sind an diesem Tag Stolpersteine für die ehemalige Schülerin Ruth Lemberger und deren Familie verlegt worden. Ruth Lemberger war bei dieser Ehrung selbst anwesend.

Ruth Lemberger, geboren 1923, wohnte mit ihren Eltern Hirsch und Rosa Glasstein in der Kreuznacher Straße 9 bei der „Tante Kügo“ zur Untermiete. Die „liebe Tante“ war nicht jüdisch und habe der Familie sehr geholfen, erinnerte Ruth Lemberger anlässlich der Stolpersteinverlegung.

„Eigentlich gebührt dieser Frau ein Andenken.“ Ruth Lemberger bezeichnete sie als „Gerechte der Nation“. Offiziell ehrt der Staat Israel seit seiner Staatsgründung mit dem Begriff "Gerechter unter den Völkern" Menschen in der ganzen Welt nicht-jüdischer Herkunft, die unter nationalsozialistischer Herrschaft während des Zweiten Weltkriegs unter Lebensgefahr jüdischen Menschen selbstlos halfen.

Die 92-Jährige erzählte den Kindern aber auch davon, wie sie nach der Machtübernahme der Nazis als jüdisches Mädchen ausgegrenzt wurde und ihre beste Freundin sich plötzlich von ihr abwendete. „Ich hoffe, dass es nie wieder passieren wird, dass man mit anderen Kindern nicht sprechen darf, nur weil sie eine andere Hautfarbe oder einen anderen Glauben haben.“

Die kleine und immer noch sehr agile Frau mit den weißen Haaren kennen die Schüler schon länger. 2006 besuchte sie ihre ehemalige Schule erstmals wieder. Seither ist sie ein regelmäßiger Gast und erzählt den Kindern aus ihrem Leben: von ihrer anfangs sehr glücklichen Kindheit aber eben auch von den Repressalien, unter denen ihre Familie unter der Naziherrschaft leiden musste. Als es zu gefährlich für die Familie wurde, wanderten die Glassteins 1934 nach Palästina aus. Ruth Lemberger war damals elf Jahre alt.

Als Zeitzeugin leiste Ruth Lemberger einen wichtigen Beitrag zur gegenseitigen Verständigung und ein für ein friedliches Miteinander, erläutert Ronald Pieper, kommissarischer Leiter der Grundschule.

Aus dem ersten Kontakt ist eine schulische Publikation entstanden. Unter dem Titel „Der Gast, der durch das Fenster kam“ beschreiben Schüler einer 4. Klasse den ersten Besuch Lembergers an der Dunant-Grundschule.

Damals stieg die heute 92-Jährige kurzerhand durch ein offenes Fenster, als sie Schüler und Eltern im Töpferraum der Schule entdeckte. Hier erzählte sie den Kindern erstmals ihre Geschichte. Die Publikation wurde 2008 vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg ausgezeichnet. KM

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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