Bauarbeiten an Berlins liberalster Moschee: Islamisches Gotteshaus braucht nach über 90 Jahren eine Kur
Wilmersdorf. Gebetsort für Muslime, Inspiration für Liebhaber der Architektur: Die Lahore-Ahmadiyya-Moschee in der Brienner Straße steht vor der ersten großen Sanierung ihrer Geschichte. Zu Besuch bei einem Imam, der niemanden ausgrenzt.
Natürlich: Auch für Flüchtlinge gehen die Türen auf. Auch Schiiten und Sunniten knien sich auf den Teppich der fremden Moschee. Frauen und Männer gehen nicht getrennte Wege. Sie beten in einem Raum. Wenn Imam Amir Aziz zum Freitagsgebet ruft, finden sich unter den 100 Besuchern Vertreter aller muslimischen Ausrichtungen. Alle, die den liberalen Charakter der Lahore-Ahmadiyya-Moschee in der Brienner Straße 7 achten. Keine deutsche Moschee ist älter. Kaum eine orientiert sich so sehr an den Werten des Westens.
„Unsere Gemeinde ist demokratisch organisiert“, sagt Imam Aziz. „Die Hauptsache bei uns ist es, das friedliche Leben im Islam in den Mittelpunkt zu stellen.“ Zur Friedlichkeit des Islam gehört es, dass auch Juden zu Besuch kommen können. Und weil die indisch-pakistanische Mogul-Architektur so manchen fasziniert, ist dies erst kürzlich geschehen. Mit Stolz verweist Aziz auf die Bemühungen der Gemeinde um einen interreligiösen Dialog. Pfarrer Olsen aus der benachbarten Christianskirken sagt Aziz gerne Hallo. Dänemark und Pakisten sind sich in Wilmersdorf ganz nah.
Kriegsschäden beseitigt
In weiter Ferne liegt allerdings ein idealer Zustand des 1928 eröffneten Hauses. Abgesehen von einer Ausbesserung nach dem Krieg und dem Wiederaufbau der zerstörten Minarette blieb eine grundlegende Ertüchtigung bis 2016 aus. Als Fassadenteile des Denkmals herabzustürzen drohten, entschied sich die Gemeinde zur Sanierung. Und muss nach und nach die beträchtlichen Kosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro decken.
Was das Fachliche anbelangt, gibt es hingegen keinen Grund zur Sorge. Katja Weise vom Architekturbüro D:4 ließ bereits besonders schadhafte Stellen sichern. Und im kommenden Frühjahr startet dann die Modernisierung so richtig. Erst außen, ab 2018 auch innen, weshalb die Moschee dann zeitweilig schließen muss.
„Das wird für uns jedenfalls etwas ganz Besonderes“, fühlt sich Weise durch den Auftrag geehrt. „Wir von D:4 sind ja auf Sakralbauten spezialisiert. Aber bisher waren es immer Kirchen.“ Den orientalischen Baustil mit deutschen Bauverfahren zu kombinieren, das galt in den 20er-Jahren als beispielloser Akt. Auch das zum Gebäudeensemble gehörige Imamhaus, in dem Aziz mit seiner Familie wohnen darf, wird bei der Gelegenheit eine Auffrischung erhalten.
Dass nur einige Schritte vom Bethaus am Fehrbelliner Platz Menschen hausen, die unerträgliche Zustände in Syrien und Irak hinter sich ließen, macht sich bei den Gästen bemerkbar. Aziz, erst vor wenigen Monaten aus Pakistan nach Berlin versetzt, weiß, was Neuanfang in einem westlichen Land bedeutet. Wenn Flüchtlinge den Imam um Rat fragen, dann gibt er ihnen zu allererst den folgenden: „Achtet die Gesetze des Landes, in dem ihr lebt. Seid friedlich!“ tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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