Beim Erinnern geht es jetzt um das Wie

Hier fehlt ein Schild: Der Historiker Michael Roeder kämpft mit einer langsamen Bürokratie. | Foto: Schubert
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Wilmersdorf. 17 Monate Disput um ein Mahnmal: Der Historiker Michael Roeder wartet immer noch auf eine Gedenktafel für jenen Deserteur, den Nazisoldaten in den letzten Kriegstagen öffentlich erhängten.

Kreuzung Uhlandstraße und Berliner Straße, an einem Tag im Herbst. Michael Roeder sieht lachende Mädchen vorübereilen, der Verkehr braust gleichgültig um den Ort des Unheils. Hier knüpften Nationalsozialisten 1945 im Endkampf um die Hauptstadt einen jungen Mann auf, der nicht kämpfen wollte. Hier möchte Roeder eine Gedenktafel platzieren - er will es schon seit dem Sommer vergangenen Jahres. Aber das Verfahren bei der Gedenktafelkommission des Bezirks schreitet nur im Zeitlupentempo voran.

Daran änderten auch Roeders Beschleunigungsversuche nichts: weder eine Anfrage der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus noch die 600 Unterschriften starke Liste mit Unterzeichnern aus allen Teilen der Gesellschaft - vom Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler (CDU) bis zur stellvertretenden Polizeipräsidentin. Nach Berichterstattung in der Berliner Woche erschienen auch Leserbriefe mit zustimmendem Inhalt.

Und tatsächlich äußern sich jetzt Vertreter der Kommission ebenfalls in diesem Sinne. "Es soll eine Tafel geben", sagt Marion Halten-Bartels (CDU). "Aber über den genauen Standort und den Text sind wir uns noch nicht einig." Das hat inzwischen auch Michael Roeder erfahren. Und zwar nachträglich, weil er zu den nichtöffentlichen Sitzungen nicht eingeladen wird. Dort sprach dafür Professor Johannes Tuchel von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und unterstützte den Antragsteller.

So sei es sehr wohl möglich, dass der namentlich nicht bekannte Mann selbst die Uniform seiner Mörder trug. Gerade dies aber befinden Experten als Ausdruck der grausamen Logik: Wer im sinnlosen Kampf abtrünnig wird oder sich nicht zur Fahne bekennt, muss büßen - und wird nach der Hinrichtung als abschreckendes Beispiel zur Schau gestellt. Eine totalitäre Praxis, die in den Konflikten der heutigen Zeit wieder an Gewicht gewinnt.

Neben der Frage, wann und wo genau der Hinweis auf den Deserteur platziert wird, steht in der bevorstehenden nächsten Sitzung der Kommission offenbar auch die Erscheinung zur Debatte.

Roeder wünscht sich eine 50 mal 50 Zentimeter große, silberfarbene Platte auf Stelzen, mit wenigen Sätzen beschrieben. "Nichts Schwülstiges und kein Geschichtsbuch", versichert er. Keinesfalls anfreunden möchte er sich jedoch mit der Idee aus der Kommission, einen Felsblock zu verwenden. "So ein Symbol", sagt Roeder, "gehört auf den Friedhof."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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