"Block 1" in Gefahr
Kolonie Am Stadtpark 1 bangt um ihre Kleingärten
Die fast 190 Mitglieder der Kleingartenkolonie Am Stadtpark 1 sind entsetzt. Aus der Zeitung mussten sie erfahren, dass ihr „Block 1“ an der Babelsberger Straße einer Erweiterung der benachbarten Internationalen Schule weichen soll. Dem Schock folgte der Trotz: Die Laubenpieper wollen um ihr Refugium kämpfen.
Gabriele Gutzmann ist die Vorsitzende des Vereins. Am 22. April quoll ihr E-Mail-Postfach über vor besorgten Fragen der Mitglieder, die einer Tageszeitung den aktuellen Kleingartenentwicklungsplan der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und daraus wiederum das Plattmachen der 19 von insgesamt 119 Gärten zugunsten der Wangari-Maathai-Internationalen-Schule entnommen hatte. Gutzmann fiel aus allen Wolken.
Die Gärten in direkter Nachbarschaft zum Volkspark Wilmersdorf unterlagen einer Schutzfrist bis Ende 2019, und nach deren Auslaufen sei die Senatsverwaltung bei der Fortschreibung des informellen Planwerks sehr bedacht darauf gewesen, die Gartenfreunde zu beteiligen und die Bedeutung der Kleingärten für die Stadt zu würdigen. In der ersten Beteiligungsrunde im Januar 2019 hat die Vorsitzende nach eigenem Bekunden große Bemühungen der beiden Verwaltungen für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sowie für Stadtentwicklung, die natürlich gerne Flächen für ihre Bauvorhaben gewinnen möchte, um Kompromisse festgestellt. „Und auch wenn wir natürlich eine dauerhafte Unterschutzstellung gehabt hätten, so wurde uns doch wenigstens eine Nutzungsperspektive bis 2030 in Aussicht gestellt. Wir hatten wirklich das Gefühl, ernst genommen zu werden und etwas bewegen zu können.“
Öffnung in den Kiez scheint umsonst
Nun also die Hiobsbotschaft und damit eben keine Perspektive mehr für den "Block 1". Vor der Veröffentlichung des zweiten Entwurfs des Kleingartenentwicklungsplans hätte es eigentlich die mittlerweile vierte Beteiligungsrunde geben sollen. Die sei nicht zustande gekommen, die Kleingarten-Beiräte auf Bezirks- und Landesebene seien nicht mehr einbezogen worden. „Wir sind wirklich geplättet. Sogar die Schule hat auf ihrer Internetseite gleich am 22. April verkündet, am Standort zu verbleiben und erweitern zu können. Nur wir als Betroffene wussten von nichts.“
Für Gutzmann ist dieses Gebaren auch eine persönliche Enttäuschung. Die Kolonie habe sich stets dialogisch eingebracht, sie selbst sei durch ihre Arbeit im Landesverband der Gartenfreunde und auch persönlich bei den Senatsverwaltungen bekannt. „Dazu leben wir den von der Politik zu Recht geforderten Gedanken der Öffnung von Kleingartenanlagen seit sechs Jahren umfangreich aus.“ Der Vereinsgarten wurde so zum Lesegarten für jedermann, ein Schul- und Kitagarten angelegt, eine Fläche zum gemeinschaftlichen Gärtnern zur Verfügung gestellt, Anwohner und Vertreter der Politik zu Fachgesprächen oder Festen eingeladen. „Offenbar war das alles nichts wert, dabei kostet die Umsetzung der leicht ausgesprochenen Forderung viel Engagement, Zeit und Geld. Jetzt scheinen alle diejenigen aus unserer Kolonie Recht zu bekommen, die gerne auf diese Mühen verzichtet hätten, weil sie der Politik nicht über den Weg trauen“, sagt Gutzmann.
Am 28. Mai tagt der Rat der Bürgermeister zu der Causa, sein beratendes Urteil nehmen die Fraktionen dann mit ins Abgeordnetenhaus. „Nur von dort können wir auf wirksame Hilfe hoffen“, sagt Gutzmann. Der Bezirk habe keine Handhabe, aber immerhin hätten Stadtentwicklungsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Stadtrat und Leiter des Ordnungsamtes Arne Herz (CDU), der in Umweltangelegenheiten den Bezirk im Rat der Bürgermeister vertritt, ihre Unterstützung mit entsprechenden Stellungnahmen zugesagt. „Auch die Anwohner sind auf unserer Seite“, ist sich Gutzmann sicher.
Mehr als 100 Jahre am Standort
50 Mitglieder des Vereins werden am Sonnabend, 23. Mai, gegen den Verlust von "Block 1" demonstrieren. Sie hoffen auf eine alternative Lösung für die Schule, in der sich zurzeit gerade einmal 103 Schüler in zwei Jahrgangsstufen tummeln, die aber eines Tages 13 Jahrgangsstufen haben soll. Ein Standortwechsel – in der Vergangenheit durchaus diskutiert – wäre eine dieser Lösungen, eine andere die Erweiterung am Standort in eine andere Richtung. „Das Schulgelände hat genügend Freiflächen“, sagt Gutzmann.
Länger als 100 Jahre gibt es die Kolonie Am Stadtpark I an dieser Stelle, die vom Land getragene Bildungseinrichtung erst seit 2017. Immer gab es Begehrlichkeiten, stets haben sich die Laubenpieper erfolgreich gewehrt. Das solle so bleiben, sagt die Vorsitzende, auch für nachfolgende Generationen sei der Erhalt dieser Rückzugsorte enorm wichtig. Ironie des Schicksals sei für sie in diesem Zusammenhang die 2011 verstorbene Namensgeberin der Schule. „Wangari Maathai war eine starke Umweltaktivistin, sie würde sich im Grabe herumdrehen, wenn sie wüsste, dass wegen ihrer Schule Grün geopfert werden soll.“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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