Pressestatement von Franziska Becker MdA auf die Antwort des Senats auf die schriftliche Anfrage zur dramatischen Entwicklung beim sozialen Wohnungsbau
Zu wenig und zu spät - der Trend ruft zu sofortigem Handeln. Totalausfall in Charlottenburg-Wilmersdorf - gar kein Sozialwohnungsneubau seit 2015
„Schon jetzt ist klar, dass der Senat die gesteckten Ziele für den geförderten Sozialwohnungsbau (zu Einstiegsmieten von 6,50 EUR/qm) nicht einhalten kann. Das ist eine dramatische Entwicklung“, so Franziska Beckers Statement über die Antwort des Senats auf ihre schriftliche Anfrage, aus der hervorgeht, dass 2019 lediglich 1.940 Sozialwohnungen (also Bezug mit Wohnberechtigungsschein) in Berlin bezugsfertig errichtet werden konnten.
In 2020 sank die Zahl der bezugsfertigen Sozialwohnungen sogar auf nur noch 1.394 Wohnungen ab. Ein Einbruch um über 28%. Insgesamt sind 2019 in Berlin 16.887 Wohnungen neu gebaut worden. Der Sozialwohnungsanteil daran lag bei nur 11% aller fertiggestellten Mietwohnungen. „Das ist in Anbetracht des großen Anteils an WBS-berechtigten Haushalten in Berlin ein strukturelles Defizit, dem der Senat umgehend größere Aufmerksamkeit widmen muss“, so Franziska Becker weiter.
Besonders krass sieht es im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf aus: Nach Angabe der Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist seit 2015 keine einzige Sozialwohnung bezugsfertig entstanden, sprich, trotz der umfangreichen Bautätigkeit im Bezirk konnte keine einzige preiswerte Wohnung hergestellt resp. einem WBS-berechtigten Haushalt angeboten werden.
Franziska Becker: „Auch das ist ein unhaltbarer Zustand von gesamtstädtischer Bedeutung. Der Wohnungsneubau trägt damit dazu bei, das soziale Gefüge in der Gesamtstadt zu verändern. Einkommensschwache Haushalte finden in Charlottenburg-Wilmersdorf zunehmend keine Wohnung. Die Spaltung der Gesellschaft bildet sich zunehmend im städtischen Gefüge ab. Das wollen und können wir nicht akzeptieren.“
Trotz umfangreicher und gleichwohl nicht mehr ganz neuer Maßnahmen (wie bessere Wohnungsförderungsbestimmungen, kooperative Baulandentwicklung resp. der besonderen Quote der städtischen Wohnungsbaugesellschaften von 50 % für Mietpreis- und Belegungsbindung beim geförderten Neubau sowie Konzeptverfahren resp. der Vergabe von Bauland an besonders gemeinwohlorientierte Partner, s. Anfrage) zeigt sich, wie dramatisch die Lage ist und ein strategisches Umsteuern dringend erforderlich ist, um endlich eine spürbare Trendumkehr beim sozialen Wohnungsbau herbeizuführen.
Franziska Becker: „Aus meiner Sicht muss es Ziel der Wohnungsbaupolitik sein, dass mindestens die Hälfte aller Neubauten in Berlin preiswert zu Mieten von ca. 6,50 EUR/ qm oder gefördert errichtet und angeboten werden, um Berliner:innen vor spekulativer Verdrängung in ihren Kiezen zu schützen. Fördergelder stehen zur Verfügung, ebenso Bauland. Allein die städtischen Wohnungsbaugesellschaften erhielten seit 2014 mehr als 212 Grundstücke vom Land Berlin, doch konnten bis heute nur rund 10 % der Grundstücke bebaut werden.“
Weiter: „In Ergänzung zum Mietendeckelgesetz muss es eine starke Initiative zur Beschleunigung und Ermöglichung von neuem Sozialwohnungsbau geben, um die bestehenden Verdrängungsprobleme zu bekämpfen und das durch den Mietendeckel gewährte Moratorium tatsächlich für Neubau zu nutzen. Nur so können wir die zu Gunsten von Vermietern verzerrte Marktsituation am Berliner Mietwohnungsmarkt abwenden.“
Wir haben in den Bezirken eine Blockade bei der Genehmigung von Neubauanträgen, ebenso in der Senatsbauverwaltung. Es muss dort dringend über einen „Kulturbruch“ und über mehr Personal in den wohnungsbaustrategisch wichtigen Bereichen nachgedacht werden. Weiter fordere ich den Senat auf, unverzüglich neue Initiativen in der laufenden Wahlperiode auf den Weg zu bringen, um die dringend benötigen Sozialwohnungen zu errichten. Hierzu habe ich eine weitere Anfrage auf den Weg gebracht.
Potential endlich heben!
Im „Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030“ wird auf die Wohnungsneubaupotentiale verwiesen. Diese summarische Beschreibung allein reicht nicht aus. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung muss in enger Kooperation mit den bezirklichen Planungsämtern umgehend tragfähige Arbeitsstrukturen entwickeln, die ganz konkret dazu beitragen, das bestehende Potential zu heben und für die Bebauung mit Sozialwohnungsbau zu erschließen. Es kommt darauf an, den immer stärker drohenden Notstand zu verändern.
Wie die Antwort auf die Schriftliche Anfrage eindrücklich belegt, kommt die angekündigte Evaluation des Berliner Modells der Kooperativen Baulandentwicklung deutlich zu spät. Die bisherigen Fertigstellungszahlen sprechen für sich. Der Trend ist trotz Corona nicht zu akzeptieren, es besteht dringender Handlungsbedarf.
Schriftliche Anfrage: http://www2.becker2011.de/uploads/20210205_schranfr_sozbau_fbeckermdaspd.pdf
Mehr: http://www.becker2011.de/show/10920094.html
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