Handwerkerfreuden beim "Bauereignis" in der Comenius Schule
Hier ist die Latte. Dort die Schraube. Darüber schwirrt der Bohrer. "Versenkt", ruft Luis. Und Justus unterzieht sein Werk noch einmal der Prüfung. Es wackelt nichts - dieser Pfeiler sitzt bombenfest. Aber was soll es überhaupt werden, wenn es fertig ist? "Na, ein Podest", erklärt Justus. Und sein Kumpel Luis nennt den kompletten Plan: "Erst bauen wir die Umrandung, dann legen wir eine große Platte drauf und dort können wir uns dann im Unterricht draufsetzen. Darunter werden wir die Ranzen schieben, und daneben kommt dann noch eine weiche Kuschelecke, wo wir uns hinlegen können, wenn es uns nicht so gut geht." Sicherlich ein Viertel des Klassenzimmers wird diese Konstruktion verschlingen. Aber beim "Bauereignis", das die Architektinnen Katharina Sütterlin und Susanne Wagner in der Comenius Schule, Gieselerstraße 4, und fünf anderen Berliner Lernorten durchführen, dürfen die neun bis zehn Jahre alten Kinder nicht nur zu schwerem Gerät greifen. Sie bestimmen auch weitgehend selbst, was gebaut wird. Nur wenn die Kleinen ihre Umgebung selbst prägen, können sie sich damit identifizieren. Davon ist Susanne Wagner überzeugt. "Wir gestalten möglichst viel mit Holz. Das bestellt unser Handwerkerteam vorab und lässt es an die Schulen liefern", sagt sie. Kosten fallen weder für den Lernort noch für die Familien der Kinder an - dank einer Förderung des Projekts aus dem Fond Kulturelle Bildung 2012/2013.
Damit sich die Fantasie nicht im Planungschaos verliert, brachte die Pädagogin Gundi Freiberg vorab einige Pflichtvorgaben ins Spiel und entwarf dazu mit den Kindern ein Model des Zimmers im Maßstab 1:10. "Was wir unbedingt brauchten, waren verschieden hohe Arbeitsplätze und Stühle, die so groß sind, dass Kinder über das Fensterbrett hinausschauen können", erzählt Freiberg. Aber natürlich äußerten die Kleinen auch Wünsche, die mit solcher Zweckmäßigkeit nichts zu tun haben. "Sie hätten gerne eine Hängematte gehabt und wollten auch eine Diskokugel." Ob sie tatsächlich an der Decke baumeln wird, ist noch offen. Immerhin entstehen unter den Möbelstücken auch echte Unikate. "Die Kindern erfinden Sachen, die es sonst nirgends gibt", berichtet Freiberg. Zum Beispiel eine Art Schrank, in den man sich zum Büffeln verkriechen kann. "Lernversteck" heißt das Ganze. Wobei Wagner etwas Ähnliches aus einer anderen Schule schon kennt. Allerdings als Entspannungsort mit sprechendem Namen: "Chiller-Villa hieß es dort."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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